Die Bewohner*innen des jüdischen Altersheims Lützowstraße 48/49

Die folgenden Liste der Bewohner*innen des jüdischen Altersheims in der Lützowstraße entstammt dem Buch „No Remorse“ („Keine Gewissensbisse“) der schwedischen Autoren Johann Ulvenlöv, Matti Palm und Anders Larsson, die in diesem Buch (1) die Geschichte des schwedischen SS-Freiwilligen Gustaf Ekström erzählen, der Pate stand bei der Gründung der Neo-Nazi Partei „Schweden Demokraten“. Ekström hatte sich 1941 der Waffen-SS angeschlossen und hatte seinen ersten Dienstort in der Lützowstraße 48, dem früheren Altersheim, dass die Nazis – genauer: das Reichssicherheitshauptamt, RSHA – 1941 übernommen hatten. Die früheren Bewohner*innen waren in andere Altersheime (Große Hamburger Straße, Schönhauser Allee, Artilleriestraße) und Wohnungen vertrieben und zusammengepfercht worden, bevor sie 1942 zumeist deportiert und ermordet wurden, auch wenn einige wenige den Freitod wählten oder ihnen die Flucht ins Ausland gelang.

Ulvenlöv und seine Kollegen hatten die verdienstvolle Aufgabe übernommen, das Schicksal dieser ehemaligen Bewohner*innen nachzuzeichnen, hatten sie in Adressbüchern Berlins identifiziert und in Holocaust-Datenbanken wie dem Arolsen-Archiv (2), dem Gedenkbuch der Holocaust-Opfer (3) und der Datenbank „Mapping the lives“ (MtL) (4) ihr Schicksal erkundet; von einigen wenigen gibt es auch Fotos in dem Buch. Ich habe diese Liste nur abgeschrieben – ich hätte und habe mir die Aufgabe gar nicht zugetraut – und sie an wenigen Stelle ergänzt, korrigiert oder spezifiziert, und werde dies auch zukünftig tun, wenn neue Erkenntnisse in den Quellen zur Verfügung stehen. Ich lade außerdem jeden ein, der Informationen zu einem oder mehreren der Bewohner*innen, diese mitzuteilen, um diese Liste aktuell zu erhalten. 

Eine kleine, statistische Auswertung der Liste zeigt Folgendes: Die Liste enthält insgesamt 256 Namen, mehrheitlich Frauen (191 = 75%); das Durchschnittsalter betrug 70,8 (18 bis 94) Jahre. Nur acht Personen (6 Frauen) gelang die Flucht, 5 (4 Frauen) entzogen sich der Deportation durch Suizid, und 59 (40 Frauen) starben zuvor, ohne dass klar ist, ob dies ein „natürlicher“ Tod war oder ein verdeckter Suizid. 

162 Personen (122 Frauen) wurden in die verschiedenen Konzentrationslager deportiert, die meisten nach Theresienstadt, und 158 wurden dort oder auf dem Weg dorthin ermordet; bei 20 weiteren Personen (17 Frauen) ist deren Schicksal bislang nicht bekannt. Zwei Frauen wurden im Februar 1945, drei Monate vor Kriegsende, freigekauft durch eine private schweizerische Initiative und gelangten in die Schweiz (s. Jüdisches Leben und Widerstand in Tiergarten vom 1. Oktober 2024), und nur eine Frau überlebte die Deportation und wurde 1945 bei Kriegsende aus dem KZ Mauthausen befreit.

Literatur und Namensliste

  1. Johann Ulvenlöv, Matti Palm, Anders Larsson: No Remorse. Gustaf Ekströn, the SS volunteer who founded the Sweden Democrats. Faktel förlag, Eskilstuna, Schweden 2019.
  2. https://arolsen-archives.org
  3. https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/
  4. https://www.mappingthelives.org/?language=de
  • Abraham, Regina, *19.8.1887 in Podwolozyska/Skalat. Deportiert von Berlin (Schönhauser Allee 23/25) nach Theresienstadt mit Transport I/60 am 7.9.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz am 18.4.1944. Auf dem Transport ermordet.
  • Arndt, Louis, *23.5.1868 in Eichfier.  Starb in Berlin am 29.3.1941.
  • Aronsohn, Cerine, *24.2.1868 (auch angegeben als: 23.2.1861 und 24.2 1860) in Jastrow. Deportiert von Berlin (Schönhauser Allee 22) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 23.8.1942.
  • Ascher, Max, *28.3.1869 in Naugard. Deportiert von Berlin (Gerlachstraße 18/21) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Auerbach, Catharina, * 29.10.1867 in Landsberg/Warthe. Starb in Berlin am 23.5.1940.
  • Auerbach, Salomon, *20.8.1859 in Labiszyn. Starb in Berlin am 23.5.1940.
  • Auerbach, Selma, *12.10.1869 in Briesen. Deportiert von Berlin (Schönhauser Allee 22) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 8.1.1943.
  • Baumgardt, Nathan, *15.7.1857 in Hohensalza. Deportiert von Berlin (Artilleriestraße 31) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 10.9.1942.
  • Behrendt, Auguste, *23.7.1867 in Baerting. Deportiert von Berlin (Artilleriestraße 31) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Benheim, Margarete, *24.12.1870 in Berent. Deportiert von Berlin (Iranischestrasse 2) nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 14.7.1942; dort ermordet am 22.5.1944.
  • Bernhard, Arthur, *3.9.1866 in Ziegenhals. Deportiert von Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942; dort ermordet am 2.9.1943.
  • Bernhard, Lina, *19.7.1879 in Riga. Deportiert von Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport Et am 23.10.1944; dort ermordet.
  • Berwin, Else, * 16.7.1899 in Reetz. Schicksal unbekannt.
  • Bittermann, Hildegard, *11.3.1907 in Berlin. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Theresienstadt mit Transport I/44 am 13.8.1942; dort ermordet am 2.12.1943.
  • Bittermann, Meta, *8.4.1879 in Berlin. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Theresienstadt mit Transport I/44 am 13.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport Et am 23.10.1944; dort ermordet.
  • Bloch, Ida, *31.1.1857 in Märkisch Friedland. Starb in Berlin am 22.1.1941.
  • Borchardt, Elisabeth, *25.6.1879 in Grunberg. Deportiert von Berlin (Derfflingerstraße 72) nach Riga mit Transport 9 am 19.1.1942; dort ermordet.
  • Borchard, Hans, *6.7.1865 in Berlin. Starb in Berlin am 23.5.1939.
  • Boss, Richard, *16.7.1882 in Berlin. Deportiert von Berlin (Elsässerstraße 85) nach theresienstadt mit Transport I/33 am 29.7.1942; dort ermordet.
  • Brandenburg, Auguste, *8.9.1859 in Posen. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942; dort ermordet am 19.10.1942.
  • Brandenburg, Heinrich, *17.2.1857 in Berlinchen. Starb in Berlin am 24.12.1941.
  • Bredt, Clara, *26.2.1861 in Jutrosin. Starb in Berlin am 11.9.1942.
  • Bromberger, Louise, *18.6.1885 in Miejska Gorka. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/95 am 28.5.1943, dort ermordet am 23.5.1944.
  • Bütow, Selma, *1.8.1864 in Egeln. Floh in die USA am 11.7.1939.
  • Buttermilch, Hedwig, *26.6.1863 in Strelno. Deportiert von Berlin (Atilleriestraße 31) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942, dort ermordet am 22.12.1942.
  • Calvery, Johanna, *3.1.1896 in München. Deportiert von Berlin (Schönhauser Allee 22) nach Minsk mit Transport 16 am 23./26.6.1942; dort ermordet.
  • Casparius, Siegfried, *2.7.1857 in Neuwedell. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Caspary, Felix, *30.7.1873 in Bussin. Starb in Berlin am 16.11.1939.
  • Cohn, Alma, *30.1.1880 in Pyritz. Deportiert von Berlin (Brunnenstraße 41) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort Suizid am 13.10.1942.
  • Cohn, Elsa, *20.1.1868 in Offenbach. Starb in Berlin am 25.5.1942.
  • Cohn, Hermann, *2.12.1868 in Sierakow. Deportiert von Berlin (Brunnenstraße 41) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 29.10.1942.
  • Cohn, Margarete, *17.4.1873 in Ellichau. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Cohn, Siegfried, *2.9.1873 in Inowroclaw. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Theresienstadt mit Transport I/15 am 3.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Conrad, Else, *15.4.1896 in Zerkow. Deportiert von Berlin (Gerlachstraße 20) nach Theresienstadt mit Transport I/52 am 26.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport Ep am 9.10.1044; dort ermordet.
  • Czempin, Melanie, *9.5.1866 in Zaniemysl. Starb in Berlin am 4.8.1940.
  • Cronheim, Johanna, *16.10.1864 in Gleiwitz. Deprtiert von Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942; dort ermordet am 10.12.1942.
  • Cronheim, Leopold, *16.7.1862 in Berlin. Deportiert von Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Theresienstadt mit Transport I/52 am 15.7.1942; dort ermordet am 3.3.1943.
  • David, Martin, *8.4.1884 in Landsberg. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/95 am 29.5.1943; dort ermordet am 26.1.1944.
  • Davidowski, Jenny, *15.2.1865 in Güstrow. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Theresienstadt mit Transport I/7 am 17.6.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Davidsohn, Rosa, *17.4.1860 in Podewitz. Starb in Berlin am 18.12.1939.
  • Dienstfertig, Mathilde, *23.5.1866 in Breslau. Deportiert von Berlin (Gerlachstraße 18/21) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Doerpholz, Anna, *15.3.1898 in Berlin. Schicksal unbekannt.
  • Elkan, Sophie, *29.1.1874 in Hamburg. Deportiert von Berlin (Artilleriestraße 31) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Engel, Gustav, *29.12.1861 in Widminnen. Starb in Berlin am 24.1.1942.
  • Fabian, Laura, * 22.4.1861 in Tuchel. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Theresienstadt mit Transport I/1 am 2.6.1942; dort ermordet am 15.9.1942.
  • Fabian, Rosa, *15.4.1864 in Tuchel. Starb in Berlin am 24.2.1942.
  • Fabian, Sabine, *10.11.1859 in Warzawa. Starb in Berlin am 11.7.1942.
  • Fabian, Sally, *2.6.1852 in Lubiewo. Starb in Berlin am 27.6.1942.
  • Fabian, Sally, *24.8.1853 in Tuchel. Starb in Berlin am 5.11.1942.
  • Falk, Clara, *18.8.1877 in Schlochau. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Riga mit Tranport 10 am 25.1.1942; dort ermordet. 
  • Falk, Philipp, *4.10.1863 in Deutsch Krone. Starb in Berlin am 4.1.1941.
  • Feige, Marie, *15.11.1867 in Bromberg. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Theresienstadt mit Transport I/9 am 19.6.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Feilchenfeld, Wilhelm, *17.3.1860 in Glogau. Deportiert von Berlin (Schönhauser Allee 22) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet.
  • Fischel, Rosa, *24. oder 28.3.1869 in Miloslaw (Liebenau). Deportiert von Berlin (Gerlachstraße 22) nach Theresienstadt mit Transport I/80 am 5.12.1942; dort ermordet am 19.8.1943.
  • Franck, Martin, *13.6.1861 in Magdeburg. Starb in Berlin am 28.5.1939.
  • Frauck, Jenny, *2.1.1861 in Lüthorst. Starb in Berlin am 12.3.1940.
  • Friedländer, Isidor, *24.11.1864 in Czarnkow. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Fürst, Natalie, *21.6.1868 in Berlin. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 28.8.1942.
  • Gans, Therese, *6.12.1871 in Hamburg. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/20 am 10.7.1942; dort ermordet.
  • Geismar, Bertha, *25.6.1866 in Bad Kreuznach. Starb in Berlin am 12.5.1942.
  • Gerson, Emma, *17.9.1875 in Schönlanke. Deportiert von Berlin nach Riga mit Transport 17 am 15.8.1942; dort ermordet am 17.8.1942.
  • Gerstel, Laura, *18.12.1855 in Beuthen. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 15.10.1942.
  • Gerstel, Anna, *17.7.1869. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 14.7.1942; dort ermordet im März1944.
  • Goldschmidt, Ottilie, *5.9.1861 in Breslau. Deportiert von Berlin (Gerlachstraße 21) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 14.11.1942.
  • Golinski, Erich, *17.4.1922 in Kotzenau/Liegnitz. Deportiert von Berlin (Elsässerstraße 54) nach Theresienstadt mit Transport I/90 am 17.3.1943. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport El am 29.9.1944; ermordet in Groß-Rosen.
  • Golinski, Paula, *25.8.1892 in Briesen (Wabrzezno). Deportiert von Berlin (Elsässerstraße 54) nach Theresienstadt mit Transport I/90 am 17.3.1943. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport En am 4.10.1944; dort ermordet.
  • Golinski, Renate, *11.5.1924 in Kotzenau/Liegnietz. Deportiert von Berlin (Landwerk Neuendorf) nach Theresienstadt mit Transport I/90 am 17.3.1943. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport En am 4.10.1944. Deportiert von Auswitz nach Freiberg, Flossenbürg, dann nach Mauthausen. Überlebte nach Befreiung im Mai 1945.
  • Golinski, Nathan, *16.11.1893 in Lissa. Deportiert von Berlin (Elsässerstraße 54) nach Theresienstadt mit Transport I/90 am 17.3.1943. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport El am 29.9.1944; dort ermordet.
  • Gossel, Gottfried, *9.5.1874 in Emden. Deportiert von Berlin nach Riga mit Transport 7 vom 27.11.1941; dort ermordet.
  • Götze, Samuel, *8.11.1863 in Bydgoszcz. Starb am 17.3.1941.
  • Grassheim, Hedwig, *14.4.1855 in Berlin. Starb am 23.9.1939.
  • Gruetzmacher, Marianne, *7.9.1876. Starb durch Suizid am 22.11.1941.
  • Grünewald, Helene, *24.12.1876 in Peterswalde. Deportiert von Berlin nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Gurau, Emma, *27.1.1862 in Berlin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 27.8.1942.
  • Guttmann, Flora, *9.1.1863 in Wronke. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28; dort ermordet am 11.9.1942.
  • Hagelberg, Jenny, *4.3.1874 in Dramburg. Deportiert von Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942. Deportiert von Theresiensdat nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Hanow, Hedwig, *18.4.1859 in Danzig. Deportiert von Berlin (Gormannstraße 3) nach Theresienstadt mit Transport /I46 am 17.8.1942; dort ermordet am 29.8.1942.
  • Havelburg, Ida, *29.9.1878 in Pasewalk. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 14.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport Ea am 16.5.1944; dort ermordet.
  • Heilbronn, Bertha, *13.12.1859 in Horstmar/Steinfurt. Starb in Berlin am 23.10.1940.
  • Heim, Irene, *24.9.1911 in Borck/Posen. Deportiert von Berlin nach Lodz (Litzmannstadt) mit Transport 3 am 27. oder 29.10.1941. Deportiert von Lodz nach Chelmno (Kulmhof) am 5.5.1942; dort ermordet.
  • Herzog, Lina, *11.4.1884 in Neukrug. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Herzog, Sally, *25.8.1873 in Hochstüblau. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) Nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Heskel, Chaje, *26.4.1867 in Deutsch Krone. Starb in Berlin am 22.3.1940.
  • Hirschberg, Jette, *30.10.1872 in Fischbach. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Riga mit Transport 10 am 19.1.1942; dort ermordet.
  • Hirschberg, Joseph, *20.4.1877 in Sichitskau. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Riga mit Transport 10 am 19.1.1942; dort ermordet.
  • Hirsch, Elise, *11.4.1873. Starb in Berlin am 18.10.1941.
  • Hirsch, Heinz, *28.9.1860. Starb in Berlin am 12.3.1942.
  • Hirschmann, Salomon, *15.10.1852 in Neustadt. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 30.8.1942.
  • Hirschfeld, Selma, *8.6.1862 in Berlin. Starb in Berlin am 18.2.1941.
  • Hoffmann, Minna, *16.6.1909 in Berlin. Deportiert von Berlin nach Riga mit Transport 22 am 26.10.1942; dort ermordet.
  • Holzheim, Klara *4.2.1879 in Deutsch Krone. Deportiert von Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942; dort ermordet.
  • Holzheim, Max, *22.10.1869 in Deutsch Krone. Deportiert von Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942; dort ermordet.
  • Holzheim, Doris, *19.1.1873 in Frankfurt/Oder. Floh nach Brasilien am 19.8.1940.
  • Holzheim, Moritz, *10.7.1865 in Deutsch Krone. Floh nach Brasilien am 19.8.1940.
  • Holzheim, Pauline, *24.9.1874 in Lobsens. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 27) nach Riha mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Jablonowski, Leopold, *29.9.1872 in Seehesten/Sensburg. Floh nach Brasilien am 7.6.1939.
  • Jablonowski, Regina, *15.6.1873 in Lidzbark. Floh nach Brasilien am 7.6.1939.
  • Jacobsohn, Sophie, *3.4.1864 in Swinemünde. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942; dort ermordet am 29.12.1942.
  • Jacoby, Helene, *30.6.1878 in Neustettin. Deportiert von Berlin (Gerlachstraße 18) nach Riga mit Transport 10 am 20.1.1942; dort ermordet.
  • Jacoby, Martha, *14.9.1942 in Berlin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Br am 20.9.1942; dort ermordet.
  • Jacubowski, Ernst, *5.9.1862 in Swiecie. Schicksal unbekannt.
  • Jacubowski, Michael, *28.12.1868 in Znin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/76 am 15.12.1942. Am 5.2.1945 freigekauft und in die Schweiz deportiert.
  • Kahn, Sophie, *14.1.1858 in Markt Erlbach/Neustadt a.d.Aisch. Schicksal unbekannt.
  • Kalenscher, Rose, *18.8.1883 in Chelmno. Floh nach Brasilien am 25.12.1939.
  • Karo, Pauline, *22.5.1855 in Lüben. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Thresienstadt mit Transport I/17 am 7.7.1942; dort emordet am 2.1.1943.
  • Katz, Martha, *25.5.1879 in Leszno. Starb in Berlin am 13.10.1941.
  • Katzenstein, Emilie, *7.3.1870 in Bydgoszcz. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/36 am 3.8.1942; dort ermordet.
  • Keiler, Agnes, *28.8.1865 in Berlin. Floh in die USA 20.3.1940.
  • Kirstein, Jenny, *16.10.1858 oder 1867 in Tempelburg/Neustettin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/10 am 23.6.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bq am 23.9.1942; dort ermordet.
  • Kirstein, Luise, *16.10.1867 in Tempelburg/Neustettin. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Theresienstadt mit Transport I/10 am 23.6.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Koppel, Rosa, *15.5.1881 in Breslau. Deportiert von Berlin nach Auschwitz mit Transport 23 am 29.11.1942; dort ermordet.
  • Koslowski, Adolf, *18.8.1859 in Königsberg. Starb in Berlin am 17.8.1940.
  • Koslowski, Recha, *23.5.1870 in Leszno. Starb in Berlin am 9.1.1941.
  • Kroner, Auguste, *29.10.1863 in Rawicz. Starb in Berlin am 2.12.1939.
  • Kuttner, Fanny, *14.8.1867 in Lübeck. Starb in Berlin am 23.1.1940.
  • Lachmann, Laura, *26.1.1862 in Leszno. Starb in Berlin am 10.2.1942.
  • Lack, Dorothea, *15.1.1860 in Bath/U.K. Deportiert von Berlin (Schönhauser Allee 22) nach Theresienstadt mit Transport I/6 am 12.6.1942; dort ermordet am 30.8.1942.
  • Leander, Käthe, *18.10.1874 in Berlin. Starb in Berlin am 30.10.1940.
  • Lebenstein, Clara, *29.4.1854 in Grudziadz. Starb in Berlin am 12.12.1940.
  • Ledermann, Recha, *26.3.1873 in Smigiel. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transpot I/27 am 21.7.1942; dort ermordet am 25.8.1942.
  • Levy, Mathilde, *1. oder 10.6.1864 in Schivelbein. Deportiert von Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942. Deportiert von Thresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Lewin, Louis, *19.7.1866 in Neu-Mecklenburg. Deportiert von Berlin.  (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Lewin, Marie, *1.2.18771 in Dabrowa Biskupia. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/18 am 8.7.1942; dort ermordet im Oktober 1943.
  • Lewin, Rosa, *26.5.1855 in Regenwalde. Schicksal unbekannt.
  • Lewin, Sanme, *7.7.1848 in Nekla. Starb in Berlin am 30.8.1939.
  • Lewin, Tine, *22.7.1859 in Kornik. Starb in Berlin am 14.3.1941.
  • Lewinson, Anna, *19.1.1871 in Brodnica. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Lewinson, Gustav/Georg, *1.1.1868 in Landsberg (Warthe). Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Lewinsohn, Paul, *6.1.1871 in Landsberg (Warthe). Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28  am 22.7.1942; dort ermordet am 8.9.1942.
  • Lewy, Johanna, *19.12.1877 in Kritoschin. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 67) nach Warszawa mit Transport 12 am 2.4.1942; dort ermordet.
  • Lewy, Johanna, * 20.5,1875 in Schrimm. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Lewy, Richard, *25.8.1875 in Dennewitz. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 67) nach Warszawa mit Transport 12 am 2.4.1942; dort ermordet.
  • Lewy, Klara, *5.9.1873 in Rodenberg. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/26 am 20.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport Ea am 16.5.1944; dort ermordet.
  • Lichtenbaum, Klara, *1.5.1902 in Stryj. Deporiert von Berlin nach Auschwitz mit Transport 24 am 9.12.1942; dort ermordet.
  • Liebermann, Johanna, *30.1.1876 in Gniew. Starb in Berlin am 18.5.1939.
  • Lindenstädt, Cäcilie, *23.3.1852 oder 23.8.1867 in Massow. Deportiert Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/77 am 30.10.1942; dort ermordet am 1.12.1943.
  • Lipstein, Leo, *31.3.1863 in Slomin. Starb in Berlin am 24.4.1942.
  • Lipmann, Huge, *9.2.1867 in Berlin. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942; dort ermordet am 15.11.1942.
  • Lippmann, Regine, *7.2.1874 in Berlin. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transsport Ea am 16.5.1944; dort ermordet.
  • Loeffler, Franziska, *5.6.1869 in Berlin. Starb in Berlin am 20.1.1941.
  • Loeffler, Gustav, *7.12.1869 in Marienburg. Starb in Berlin am 4.7.1939.
  • Loewenberg, Richard, *31.10.1871 in Berlin. Deportiert von Berlin (Hermannstraße 3) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 8.9.1942.
  • Loewenstein, Herta, *7.12.1866 in Filehne (Wartheland). Schicksal unbekannt.
  • Looser, Bertha, *28.3.1870 in Szamotuly. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Lowin, Tilly, *22.4.1869 in Trier. Starb in Berlin am 25.1.1941.
  • Luft, Else, *16.3.1861 in Harzgerode. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 28.8.1942.
  • Manasse, Regina,*18.5.1876 in Pasewalk. Deportiert von Berlin (Altonaerstraße 4) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Mann, Hedwig, *18.2.1873 in Ziebingen. Deportiert von Berlin (Schönhauser Allee 22) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort emordet am 28.8.1942.
  • Mann, Max, *28.7.1869 in Tirschtiegel. Deportiert von Berlin (Schönhauser Allee 22) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 28.12.1942.
  • Mannheim, Emma, *5.3.1893 in Landsberg. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/33 am 29.7.1942. Deportiert von Theresiensdtadt nach Treblinka mit Transport Br am 26.9.1942; dort ermordet.
  • Mannheim, Hugo, *9.10.1871 in Landsberger Holländer/Landsberg. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/33 am 29.7.1942; dort ermordet.
  • Methis, Regina, *1.3.1876. Deportiert von Berlin (Gerlachstraße 18/21) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 3.9.1942.
  • Mayer, Rosa, *25.9.1868 in Wittlich. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 29.9.1942.
  • Melhaus, Herta, * 11.11.1923 in Sommerfeld. Schicksal unbekannt.
  • Melhaus, Hulda, *25.5.1894 in Mrocza. Schicksal unbekannt.
  • Meyer, Käte/Katherine, *3.5.1872 in Berlin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/36 am 3.8.1942; dort ermordet am 9.2.1942.
  • Meyer, Hulda, *19.7.1870 in Zempelburg. Deportiert von Berlin (Artilleriestraße 31) nach Theresienstadt mit Transport I/465 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Meyersohn, Flora, *26.4.1854 in Chodzicz. Starb in Berlin am 21.2.1941.
  • Michaelis, Paula, *14.12.1868 in Guttentag. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/47 am 19.8.1942. Deportiert von Theresienstadt  nach Treblinka mit Transport Br am 26.9.1942; dort ermordet.
  • Michaelis, Sophie, *22.11.1866 in Guttentag. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/47 am 19.8.1942. Deportiert von Theresienstadt  nach Treblinka mit Transport Br am 26.9.1942; dort ermordet.
  • Müller, Flora, *7.2.1862 in Schwerin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 14.7.1942; dort ermordet am 13.8.1942.
  • Müller, Recha, *27.1.1865 in Birnbaum. Starb in Berlin am 5.2.1942.
  • Müllerheim, Hedwig, *18.5.1877 in Schwerin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/21 am 13.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Münzer, Bertha, *5.9.1859 oder 1869 in Koschmin. Deportiert von Beerlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Br am 26.9.1942; dort ermordet.
  • Nathan, Bernhard, *8.12.1864 in Lyck. Deportiert von Berlin nach Auschwitz (Datum unbekannt); dort ermordet.
  • Nathan, Josefa/Sophie-Josephe, *21. oder 24.4.1866 in Berlin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/13 am 30.6.1942; dort ermordet am 12.8.1942.
  • Naumann, Elsbeth, *30.3.1871 in Schwedt. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Br am 26.9.1942; dort ermordet.
  • Neuländer, Fanny, *14.4.1862 in Beuthen. Deportiert von Berlin (Gerlachstraße 18/21) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 26.8.1942.
  • Neuthal, Moritz, *9.5.1869 in Riesenburg. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942; dort ermordet am 5.9.1942.
  • Neuthal, Natalie, *3.5.1872 in Neuenburg. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Norden, Elise, *12.6.1875 in Breslau. Deportiert von Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942; dort ermordet.
  • Norden, Oskar, *29.8.1871 in Berlin. Starb in Berlin am 21.4.1940.
  • Oppenheim, Helene, *21.12.1882 in Insterberg/Ostpreußen. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Oppenheim, Martin, *25.12.1878 in Stettin. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Oppenheimer, Siegmund, *28.1.1865 in Hemer. Deportiert von Berlin (Brunnestraße 41) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Orbach, Frieda, *10.2.1897 in Mohrungen. Deportiert von Berlin (Auguststraße 14-16) nach Auschwitz mit Transport 36 am 12.3.1943; dort ermordet.
  • Ordower, Salomon, *30.7.1867 in Brody. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Ordower, Scheidel, *28.12.1870 in Drohobycz. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Palnitzki, Olga, *11.10.1873 in Hohenstein. Deportiert von berlin nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 4.7.1942; dort ermordet am 7.11.1942.
  • Pinner, Thekla, *8.11.1863 in Landsberg/Warthe. Starb in Berlin am 5.1.1941.
  • Posner, Betty, *18.3.1871 in Dramburg. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Preiss, Ida, *25.6.1867 in Beuthen. Starb in Berlin am 21.5.1943.
  • Presser, Eveline, *1.6.1869 in Mikolow. Starb in Berlin am 1.10.1941.
  • Presser, Max, *14.12.1860 in Miloslaw. Starb in Berlin am 13.8.1942.
  • Preuss, Marie, *24.3.1868 in Szamotuly. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/52 am 26.8.1942; dort ermordet im Mai 1943.
  • Reinhard, Jenny, *16.9.1861 in Märkisch Friedland. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 14.2.1942.
  • Ring, Laura, *9.5.1866 in Kulm. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Theresienstadt mit Transport I/3 am 5.6.1942; dort ermordet.
  • Ritter, Martha, *5.12.1865 in Berlin. Starb in Berlin am 26.10.1939.
  • Ritter, Paula, *8.6.1862 in Berlin. Starb in Berlin am 25.10.1941.
  • Rosenbaum, Paula, *5.5.1871 in Grudziaz. Floh nach Cuba am 25.10.1941.
  • Rosenbaum, Sophie, *14.9.1864 in Birnbaum. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 67) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Rosenberg, Martha, *25.3.1870 in Lasin. Starb in Berlin am 21.12.1940.
  • Rosenthal, Felix, *9.1.1872 in Magdeburg. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Rosenthal, Ida, *17.3.1870 in Düren. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 3) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Rosenthal, Rosa, *7.6.1870 in Bentschen. Deportiert von berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Rosenthal, Amalie, *23.8.1868 in Berlin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Am 5.2.1945 freigekauft und in die Schweiz deportiert.
  • Roth, Emma, *25.3.1958 in Rheinsberg. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 3.9.1942.
  • Rothmann, Jenny, *8.2.1868 in Gniezno. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/15 am 3.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Rothmann, Regina, *9.11.1870. Schicksal unbekannt.
  • Röhricht, Hermann, *22.7.1868 in Danzig. Schicksal unbekannt.
  • Röhricht, Salma, *21.8.1870 in Berlin. Schicksal unbekannt.
  • Salinger, Martha, *29.5.1867 in Marienburg. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Br am 26.9.1942; dort ermordet.
  • Salinger, Minna, *18.7.1874 in Deutsch Krone. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Br am 26.9.1942; dort ermordet.
  • Salinger, Bertha, *8.7.1863 in Jakobsdorf. Starb in Berlin am 6.4.1941.
  • Salomon, Bernhard, *29.1.1856 in Kornik. Starb in Berlin am 6.7.1939.
  • Salomon, Heinrich, *11.5.1874 in Regenwalde. Starb in Berlin am 26.4.1941.
  • Salomon, Rosa, *3.5.1880 in Randow/Stettin. Deportiert von Berlin nach Piaski Luterski mit Transport 11 am 28.3.1942; dort ermordet.
  • Scheidemann, Edith, *2.3.1921 in Rosenberg. Deportiert von Berlin nach Riga mit Transport 7 am 27.11.1941; dort ermordet am 30.11.1941 während des Massakers von Rumbula.
  • Scheidemann, Ernestine, *14.2.1874 in Wrzesnia. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 14.7.1942; dort ermordet.
  • Scheidemann, Sally, *2.12.1872 in Lauenburg. Deportiert von Berlin (Altonaerstraße 4) nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 14.7.1942; dort ermordet am 21.9.1942.
  • Scherek, Rebekka, *21.1.1871 in Krotoszin. Schicksal unbekannt.
  • Schindler, Margarete, *23.11.1874 in Berlin. Deportiert von Berlin nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Schindler, Martha, *29.7.1865 in Berlin. Deportiert von Berlin (Bayrische Straße 29) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 5.10.1942.
  • Schidorowski, Auguste, *24.3.1872 in Brodnica. Schicksal unbekannt.
  • Schlesinger, Anna, *12.2.1868 in Berlin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Transport Bo am 19.9.1942; dort ermordet.
  • Schoeps, Ernestine, *28.10.1859 in Neuenburg. Schicksal unbekannt.
  • Schwarzwald, Hulda, *3.12.1865 in Berlin. Deportiert von Berlin (Auguststraße 14) nach Theresienstadt mit Transport I/24 am 16.7.1942; dort ermordet am 3.8.1942.
  • Schweitzer, Charlotte, *10.10.1866 in Broslawitz. Schicksal unbekannt.
  • Schweitzer, Emelie, *14.3.1866 in Broslawitz. Deportiert von Berlin (Heimstraße 20) nach Theresienstadt mit Transport I/?? am 15.9.1942; dort ermordet am 18.11.1942.
  • Schweitzer, Mathilde, *14.8.1868 in Broslawitz. Schicksal unbekannt.
  • Seelig, Rosa, *9.8.1862 in Szamotouliy. Schicksal unbekannt.
  • Seligsohn, Felix, *19.9.1868 in Berlin. Starb durch Suizid am 29.7.1942.
  • Siegheim, Frieda, *23.11.1878 in Berlin. Starb durch Suizid am 13.11.1942.
  • Siegmann, Georg, *21.5.1869 in Berlin. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/24 am 16.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport Ev am 28.11.1944; dort ermordet.
  • Siegmann, Helene, *7.4.1884 in Frankfurt/M. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/24 am 16.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Auschwitz mit Transport Ev am 28.11.1944; dort ermordet.
  • Silbermann, Anna, *28.12.1860 in Greifenberg. deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942; dort ermordet.
  • Silbermann, Röschen, *7.2.1860 in Gleiwitz. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Theresienstadt mit Transport I/2 am 4.6.1942; dort ermordet am 23.7.1942.
  • Silberstein, Ella, *16.12.1869 in Berlin. Starb in Berlin am 5.4.1941.
  • Silberstein, Franziska, *27.6.1862 in Preußisch-Friedland. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942; dort ermordet am 20.8.1942.
  • Stadthagen, Goldinchen, *3.4.1866 in Hamburg. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am 30.8.1942.
  • Stahl, Hermann, *122.1872 in Kozmin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet.
  • Stahl, Rosalie, *6.12.1869 in Kozmin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/46 am 17.8.1942; dort ermordet am  14.1.1943.
  • Stargardt, Meta, *3.7.1882 in Landsberg (Warthe). Deportiert von Berlin nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Steigerwald, Karoline, *12.12.1854 in Landesbach. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 14.7.1942; dort ermordet am 12.8.1942.
  • Stein, Adele, *28.6.1866 in Berlin. Starb in Berlin am 22.1.1943.
  • Steinhardt, Julius, *15.7.1871 in Tauberbischofsheim. Deportiert von Berlin (Iranischestraße 2) nach Theresienstadt mit Transport I/65 am 15.9.1942; dort ermordet am 20.1.1943.
  • Stern, Therese, *15.12.1875 in Berlin. Deportiert von Berlin nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Stern, Willy, *22.3.1873 in Berlin. Deportiert von Berlin (Gerlachstraße 21) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Sternberg, Emilie, *11.3.1865 in Löbau. Deportiert von Berlin (Schönhauser Allee 22) nach Theresienstadt mit Transport I/6 am 12.6.1942; dort ermordet am 17.8.1942.
  • Sternberg, Sara, *5.3.1854 in Deutsch-Eylau. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Theresienstadt mit Transport I/2 am 6.6.1942; dort ermordet am 7.7.1942.
  • Storch, Franziska, *10.6.1971 in Widminnen. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 67) nach Theresienstadt mit Transport I/23 am 15.7.1942; dort ermordet am 3.1.1943.
  • Tischler, Eugen, *18.6.1865 in Gostyn. Starb in Berlin am 16.3.1940.
  • Tischler, Hedwig, *5.9.1872 in Srem. Schicksal unbekannt.
  • Waldt, Tressi, *26.4.1872 in Williamsburg. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/22 am 13.7.1942; dort ermordet am 28.10.1943.
  • Wagner, Amelie, *14.4.1873 in Berlin. Deportiert von Berlin (Große Hamburgerstraße 26) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Warschauer, Valeska, *14.8.1868 in Kanth. Deportiert von Berlin (Lützowstraße 77) nach Theresienstadt mit Transport I/28 am 22.7.1942; dort ermordet.
  • Wassermann, Johanna, *15.1.1867 in Filehne. Starb in Berlin am 14.2.1943.
  • Weil, Mathilde, *22.4.1854 in Landsberg (Warthe). Schicksal unbekannt.
  • Westenberg, Isidor, *4.2.1875 in Gleidingen. Schicksal unbekannt.
  • Westenberg, Selma, *5.3.1873 in Pasewalk. Deportiert von Berlin (Altonaerstraße 4) nach Riga mit Transport 10 am 25.1.1942; dort ermordet.
  • Wilde, Mathilde, *15.1.1862 in Berlin. Starb in Berlin am 8.1.1942.
  • Wollstein, Emma, *5.10.1858 in Dirschau. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/18 am 8.7.1942; dort ermordet am 16.2.1943.
  • Wulff, Selma, *6.9.1876 in Köpenick. Deportiert voN Berlin (Derfflingerstraße 17) nach Warszawa mit Transport 12 am 12.2.1942; dort ermordet.
  • Wurzel, Mathilde, *7.10.1869 in Znin. Deportiert von Berlin nach Theresienstadt mit Transport I/27 am 21.7.1942. Deportiert von Theresienstadt nach Treblinka mit Bp am 21.9.1942; dort ermordet.
  • Zander, Hedwig, *14.12.1880 in Beuthen. Starb durch Suizid am 25.1.1942.
  • Zeidler, Hulda, *27.8.1886 in Schwerin. Deportiert von Berlin nach Sobibor mit Transport 15 am 13.6.1942; dort ermordet.

Walter Benjamins Großmütter im Blumeshof

Immer wenn von Walter Benjamin (1892 und 1940) und seiner „Berliner Kindheit um Neunzehnhundert“ (1) die Rede ist, fällt das Stichwort Blumeshof („Blume-Zof“, nebst der „Mark-thalle“, dem Tiergarten und so weiter), und dann bemerken die Literaturbeflissenen, dass er im Blumeshof 12 seine Großmutter mütterlicherseits – Hedwig Schönfließ, geborene Hirschfeld (1845-1908) – besucht habe; aber keiner sagt einem, wann das denn war, „um Neunzehnhundert“ ist halt arg ungenau. 

Sucht man Hedwig Schönfließ im Adressbuch, stellt man fest, dass sie zwischen 1897 und 1906 hier wohnte, dann nach Charlottenburg zog (Knesebeckstr. 68/69) und zuletzt in Steglitz lebte (Stubenrauchstraße 4), bevor sie am 17. Februar 1908 in der Privatheilanstalt Fichtenhof in Zehlendorf verstarb. Walter Benjamin kann also zwischen 5 und 14 Jahre alt gewesen sein bei seinen Besuchen im Blumeshof 12 (Bild 1).

BIld 1: Walter Benjamin im Alter von 13 Jahren (1905) (Quelle: http://www.historia-viva.net/fr/003fr.html).

Wenn man aber Walter Benjamins Kindheitserinnerungen aufmerksam liest, stellt man fest, dass auch seine Großmutter väterlicherseits, Brunella Benjamin geborene Mayer (1827-1919), in dieser Zeit im Blumeshof wohnte, in der Nummer 8 gegenüber der 12, und zwar von 1893 bis 1901. Sie zog aus der Linkstraße hierher, wo auch ihr Sohn Emil (1856-1926) und seine Frau Pauline, geborene Schönfließ (1869-1930) gewohnt hatten, bevor Walter Benjamin geboren wurde und sie ins Lützow-Viertel zogen (Magdeburger Platz 4). Auch Großmutter Brunella Benjamin zog fort aus dem Blumeshof, 1901, als Walter Benjamin etwa neun Jahre alt war. Er schreibt dazu viele Jahre später: „Die Großmutter [mütterlicherseits, Hedwig Schönflies] starb nicht im Blumeshof. Ihr gegenüber wohnte lange Zeit die Mutter meines Vaters, die schon älter war. Auch sie starb anderswo. So ist die Straße mir zum Elysium, zum Schattenreich unsterblicher, doch abgeschiedener Großmütter geworden“ (1).

Warum abgeschieden? Die Benjamins wohnte ab 1896 (Walter war erst 4 Jahre alt) in der Kurfürstenstraße 154 II im 2. Stock, über der heutigen Kurmark-Apotheke, die es schon damals gab, aber die Schneidersche Apotheke hieß (2). Dort blieben sie bis 1900, wohnten bis 1903 in der Nettelbeckstraße 24 (heute: An der Urania Ecke Kurfürstenstraße) und ab 1904 in Charlottenburg in der Carmerstraße 3. Walter Benjamin war jetzt 12 Jahre alt, hier ging er zur Schule – in der Kaiser-Friedrich-Schule in der Bleibtreustraße 43 (Bild 2) machte er 1912 das Abitur. Die Schulakten im Landesarchiv enthalten sogar noch seinen Abituraufsatz und die seiner Mitschüler (3) – sicher etwas ganz besonderes für die oben erwähnten Literaturbeflissenen, aber die haben diesen Schatz offenbar noch gar nicht entdeckt und gehoben (4). Und auch seinen handgeschriebenen Lebenslauf findet sich in den Akten, mit durchaus eindrucksvoller POerspektive für einen Zwanzigjährigen (Bild 3):  „Gerade in letzter Zeit entwickelte sich … mein Interesse für die Wirkung von Religion auf Individuum und Gesellschaft. An Hand von Burkhardts ´Kultur der Renaissance in Italien` versuchte ich, eine Epoche kulturgeschichtlich zu erfassen. Ob in meinem Universitätsstudium die Philosophie oder die Literatur überwiegen werden, vermag ich noch nicht zu entscheiden“. Die Erinnerungen an seine Großmütter dürfte aus der Zeit nach 1904 stammen, aus der Carmerstraße war der Blumeshof schon sehr „abgeschieden“, 3 bis 4 Kilometer.

Bild 2: Kaiser-Friedrich-Schule in der Bleibtreustraße (heute: Joan-Miro-Schule) (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
Bild 3: Lebenslauf von Walter Benjamin (Ausschnitt) (aus: (3)).

Bleibt die Frage, ob die Wohnung der Großmutter Hedwig Schönfließ wirklich so groß war, wie sich Walter Benjamin 30 Jahre später zu erinnern glaubt, oder ob, wie es so oft der Fall ist, Erinnerungen den Ort der Kindheit größer erscheinen lassen als er war. Dazu ein Blick in die Bauakte des Hauses Blumeshof 12 (Bild 4) (5), wo Hedwig Schönflies in der zweiten Etage wohnte, wie wir aus einer anderen Quelle (6) wissen; und zum Vergleich die Akte von Blumeshof 8 (4), wobei die Etage nicht bekannt ist, auf der Brunella Benjamin wohnte (Bild 5). Für ihre Wohnung berechnen wir eine Wohnfläche von etwa 150 qm, während die Wohnung von Hedwig Schönflies sicherlich mehr als die doppelten Fläche hatte, um 400 qm, und in der Tat, wie in den Erinnerungen von Walter Benjamin, reihten sich dort Zimmer an Zimmer, vollgestopft mit Inventar, das „heute keinem Trödler Ehre machen (würde)… die aufgrund ihres Eigensinns, mit dem sie Ornamente vieler Jahrhunderte auf sich vereinten, von sich und ihrer Dauer durchdrungen waren„.

Bild 4: Grundriss der Wohnungen Blumeshof 12 (aus: (5)).
Ild 5: Grundriss der Wohnungen Blumeshof 8 (aus: (5)).

Literatur

1. Walter Benjamin: Berliner Kindheit um Neunzehnhundert. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 2010.

2. Paul Enck: Die Apothekerfamilie Wendland. eine mikrohistorische Studie aus dem Berliner Lützow-Viertel. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2023, Seite 11-26.

3. Schulakten der Kaiser-Friedrich-Schule im Landesarchiv Berlin (LAB): A Rep. 020-14 Nr. 257.

4. Momme Broderson: Klassenbild mit Walter Benjamin: Eine Spurensuche. Siedler Verlag 2012.

5. Bauakten Blumeshof 8 im LAB: B Rep. 202 Nr. 2953.

6. Simon May: How to be a refugee. Picador Verlag, London 2021.

Das Kassenbuch der jüdischen Gemeinde an der Potsdamer Brücke.

Im Artikel über die Jüdische Gemeinde an der Potsdamer Brücke (JUELE vom 3. September 2022) hatten wir ein Kassenbuch erwähnt, das sich im israelischen Staatsarchiv in Jerusalem befindet und dessen Digitalisierung uns vor mehr als zwei Jahren zu teuer schien. Jetzt, zwei Jahre später, war der Preis gefallen (keine Ahnung, warum), so dass wir uns entschlossen hatten, eine Kopie des Kassenbuches zu erwerben und auszuwerten. Neugierig waren wir, ob das Kassenbuch bestätigen würde, dass der „Tempel der Millionäre“, wie die Synagoge auch genannt wurde, diesen Ruf rechtfertigen würde – die Mitgliederliste immerhin, die wir seinerzeit ausgewertet hatten, enthielt zumindest einige prominente Bankiers und Kaufleute. Um es vorwegzunehmen: Reich war diese konservative Gemeinde nicht, sie kam so gerade „über die Runden“ und brauchte für ihren Unterhalt sogar eine regelmäßige finanzielle Unterstützung durch die liberalere jüdische Gemeinde in der Oranienburger Straße.

Das Kassenbuch deckt den Zeitraum 1. September 1926 bis 31. August 1927 ab und listet die monatlich Ausgaben und Einnahmen. Der Bestand aus dem Vorjahr betrug 454,12 RM, am Ende des Rechnungsjahres war dieser auf 1518,39 RM angestiegen – damit hätte die Gemeinde nur gut einen Monat überleben können ohne weitere Einnahmen. Die regelmäßigen monatlichen Kosten summierten sich etwa 2000 Reichsmark (RM) (Bild 1). Davon entfielen 785 RM auf das Monatsgehalt des Rabbiners Dr. Heinrich Berger (1861-1937) (Prinzregentenstraße 10), der zudem eine jährliche Einmalzahlung von 333 RM erhielt. Ein Monatsgehalt von 320 RM erhielt der Oberkantor Ignaz Falk (Carmen Sylva-Str. 134 III), und 120 RM bekam der Schammes (= Synagogendiener) Heymann Gelbstein (im Adressbuch: Kultusbeamter; Michaelkirchstraße 7 IV). Der dickste Brocken im Budget aber war die monatliche Miete von 641,53 RM zzgl. Nebenkosten (Heizung, Elektrizität, insgesamt ca. 30 RM im Jahr); weitere regelmäßige Ausgaben umfassten jährliche Versicherungen (65 RM) (Bild 1).

Bild 1: Auszug aus dem Kassenbuch: Ausgaben im September 1926.

Diese Mietzahlung deckte auf, dass die Gemeinde nicht im Besitz des Hauses war, sondern die Synagoge angemietet hatte. Gebaut worden war die Synagoge 1875/6 durch den Tiergarten-Synagogen-Verein (TSV), in dem vermutliche einige vermögende Gemeindemitglieder in den Kauf des Gebäudes und den Umbau zu einer Synagoge investiert hatten – nach Satzungsänderung und Trennung von Verein und Synagogenvorstand 1905 trat der TSV offenbar als Vermieter gegenüber der Gemeinde auf, und die zahlte eine – allerdings eher geringe – Miete: Nimmt man den Verkaufspreis des Grundstücks ein Jahr später (1928), als es 1,2 Millionen RM wert war, als Grundlage, betrug die Jahresmiete von 7698,36 RM nur etwa 1/150 der Investitionssumme – das war wenig seinerzeit, und ist es auch unter heutigen Bedingungen.

Auf der Einnahme-Seite der Gemeinde stand neben den Mitgliedsbeiträgen und Spenden, die sich im Jahr 1926/7 auf etwa 3500 RM beliefen, vor allem die Buchung von Sitzplätzen in der Synagoge – getrennt für Männer und Frauen. Ein Sitzplatz wurde üblicherweise für das ganze Jahr gemietet und kostete in dieser Synagoge zwischen 10 und 50 Mark, in anderen Synagogen Berlins war das Spektrum breiter (Bild 2); nur selten wurde für eine Familie mehr als 2 Plätze gebucht. An den hohen Feiertagen des jüdischen Kalenders mussten oftmals zusätzliche Betsäle gemietet werden (JUELE vom 24. Juni 2023), aber das dürfte bei dieser Gemeinde eher die Ausnahme gewesen sein: Nimmt man, wie in der Vergangenheit, an, dass die Gemeinde zwischen 100 und 150 Mitglieder hatte, erbrachten die gebuchten Plätze eine Einnahme von ca. 4100 Mark für 210 Plätze – je etwa zu Hälfte für Männer und Frauen.

Bild 2. Anzeige im Gemeindeblatt der jüdischen gemeinde Berlin, Sommer 1930.

Das Gesamtbudget der Gemeinde betrug also auf der Einnahmenseite etwa 28.000 RM und auf der Ausgabenseite etwa 27.000 RM und war damit weit entfernt von dem Ruf, der der Gemeinde im Volksmund zugeschrieben wurde: kein Tempel der Millionäre, sondern eine kleine, vielleicht eher elitäre, konservative Gemeinde jüdischer Traditionalisten, die sich ihre Exklusivität nur leisten konnte, weil die weitaus größere und liberale Judenschaft Berlins sie mit einem beträchtlichen Zuschuss unterstützte, der mit 14.000 Mark mehr als die Hälfte ihrer Ausgaben deckte.

Jüdische Gewerbebetriebe (2): Versandhaus A. Blumenreich (Teil 5)

Im fünften und letzten Teil der Geschichte des Familie Blumenreich geht es um das zweitälteste Kind, die älteste Tochter von Paul Philipp Blumenreich und seiner ersten Ehefrau, Adele Fränkel, die am 2. März 1877 in Wien geborene Elsa Blumenreich (1877-1956). Aus ihren Lebensdaten ist bereits ersichtlich, dass sie den Nationalsozialismus, unter denen ihre Geschwister Arnold, Leo und Walter und deren Nachkommen gelitten hatten und umgekommen waren, überlebt hatte und elf Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs in der Schweiz verstarb, am 7. Juni 1952. Leider haben wir nur sehr wenige Informationen über ihr Leben.

Elsa Blumenreich (1877-1956)

Die letzte Berliner Wohnadresse der Elsa Blumenreich entnehmen wir ihrer Vermögenserklärung vom 14. April 1943 gegenüber den nationalsozialistischen Finanzbehörden; Zweck der Angabe über ihre Vermögensverhältnisse war die geplante Deportation aus rassistischen Gründen (1). Im April 1943 wohnte sie in der Gormannstraße 3 im Scheunenviertel, und zwar seit dem 14. August 1941; dabei handelte es sich um ein Altersheim der Jüdischen Gemeinde. Sie war ledig, einen Beruf gab sie nicht an. Sie gab stattdessen eine völlig leere Finanzerklärung ab, hatte danach keinerlei Einkommen, Mobiliar, oder sonstige Sachwerte. Das Finanzamt konstatierte am 2. Juli 1943 „Fehlanzeige“ und „erfolglose Schätzung“ im Hinblick auf zu konfiszierende Werte. Die Akte trägt den lapidaren Vermerk: „37. Osttransport vom 19. April 1943„. In der Arolsen-Datenbank (2) findet sich auch ihre Karteikarte mit dem gleichen Vermerk (Bild 1), aber in der mehr als 700 Namen umfassenden Deportationsliste dieses speziellen Transportes nach Auschwitz ist sie nicht enthalten. Eine weitergehende Recherche im Archiv ergab, dass sie stattdessen am gleichen Tag (19. April 1943) mit dem 86. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert wurde, zusammen mit weiteren 100 Personen (Bild 2).

Bild 1. Karteikarte zu Elsa Blumenreich in der Datenbank der Finanzbehörden (aus (1)).

In den Unterlagen der Volksbefragung von 1939 finden sich weitere Informationen (3): Sie wohnte am 15. Mai 1939 in Charlottenburg in der Mommsenstraße 50 (auch wenn das Adressbuch sie in diesem Jahr gar nicht kennt), war Kinderkrankenschwester, und hatte ihre Ausbildung (Staatsexamen) am Säuglingskrankenhaus in Weissensee gemacht. Mapping the Lives nennt auch ihr Sterbedatum (7. Juni 1956), aber das kann natürlich nicht auf der Karteikarte der 1939-Erhebung notiert worden sein, dafür muss es eine andere Quelle geben. Ab 1935 wurden Juden in den Adressbüchern bereits nicht mehr gelistet.

Bild 2. Transportliste (Auszug) des 86. Alterstransportes nach Theresienstadt vom 29. April 1943 (aus: (2)).

Wenn wir uns stattdessen rückwärts durch die Adressbücher arbeiten, finden wir sie in den Jahren 1921 bis 1934 in der Schillerstraße 60 in Charlottenburg, ihr dort angegebene Beruf: Schwester. In den Jahren 1919 und 1920 ist sie nicht im Adressbuch, vermutlich hat sie in dieser Zeit ihre Schwesternausbildung in Weissensee gemacht und wohnte im Krankenhaus, denn von 1914 bis 1918 hatte sie an die gleiche Adresse, jedoch als Privatiere (1915 war sie Sekretärin). In den Jahren zuvor (1912 und 1913) führte sie eine Fremden- und Familienpension in der Kantstraße 146. Für 1913 ist ein Umzug von der Kantstraße 146 in die Schillerstraße 60 notiert, und 1911 war die Pension in der Wielandstraße 41. In den Jahren vor 1911 war sie nicht im Adressbuch gelistet (Bild 3).

Bild 3. Adressbucheinträge für Else Blumenreich 1911 bis 1934.

Wir wissen außerdem, dass sie 1900, als sie 23 Jahre alt war, mit ihrem Vater und ihrem Bruder Leo, ihrem Halbbruder Siegfried und ihrer Halbschwester Illa/Ella in New York war (Bild 4), und sie war vermutlich mit ihnen zurück nach Wien gegangen. Möglicherweise ist sie mit ihrem älteren Bruder Arnold 1909 nach Berlin gekommen. In den Adressbüchern von Wien ist sie aber nicht gelistet, auch nicht im Jahr 1902, als ihr Vater dort wohnte – immerhin war sie schon volljährig. Da sie zu diesem Zeitpunkt offenbar keine Berufsausbildung hatte (die man nicht benötigt, wenn man eine Pension führt), kann sie natürlich in der Zeit nach der Rückkehr aus den USA in der elterlichen Wohnung gewohnt haben. Nach dem Tod des Vaters (1908) in Berlin zog die Witwe im Jahr 1910 zurück nach Wien, und Elsa musste einen eigenen Hausstand gründen .

Bild 4. Volkszählung New York City 1900 (Quelle: Ancestry)

Eigentlich wäre die Geschichte der Elsa Blumenreich hier schon zu Ende, mehr Informationen lagen für lange Zeit nicht vor. Stutzig gemacht hatte aber die Ausreise in die Schweiz im Februar 1945, drei Monate vor Kriegsende. Geht man diesen Informationen nach, stößt man auf eine Geschichte, die für uns neu war und die hier berichtet werden soll. Es ist eine Schweizer Geschichte privat organisierter Flüchtlingshilfe, mit der viele Tausende von jüdischen Verfolgten und in Konzentrationslager Deportierten das Leben gerettet wurde (4).

Deportation aus Theresienstadt in die Schweiz im Februar 1945

Am 7. Februar 1945 kurz nach Mitternacht erreichte ein Personenzug aus Theresienstadt (heute: Terezin, Tschechien, 60 km nordwestlich von Prag) mit 1198 jüdischen Häftlinge die Schweizer Grenze in Kreuzlingen bei Konstanz; es waren 39 Kinder jünger als 10 Jahre im Zug, 78 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 20 Jahren, 163 Erwachsene zwischen 20 und 40 Jahren, 285 zwischen 40 und 60 Jahren, und 635 älter als 60 Jahre, davon 20, die älter als 80 Jahre waren. Von diesen stammten 663 aus Deutschland, 434 aus Holland und 103 aus der Tschechoslowakei. Sie waren 2 Tage zuvor, am 5. Februar 1945 um 16.00h, in dem von den Nazis als „Muster-Ghetto“ bezeichneten Konzentrationslager Theresienstadt in den Zug gesetzt, aus propagandistischen Gründen reichlich mit Nahrung versehen (Bild 5), und über Augsburg nach Konstanz gebracht worden. Unter ihnen war die 67-jährige Elsa Blumenreich.

Bild 5: Verpflegung für 1200 Personen bei der Überführung in die Schweiz (aus: Ausstellungsdokumentation „Flüchtlinge im Hadwig“, 8.-15 September 2015. Pädagogische Hochschule St. Gallen, Eigendruck 2018).

In Theresienstadt lebten zu diesem Zeitpunkt noch knapp 20.000 der insgesamt 140.000 Juden, die hierher deportiert worden waren; 33.000 Menschen waren im Ghetto selbst verstorben, 88.000 waren zumeist in die Vernichtungslagern im Osten (Auschwitz, Treblinka, Majdanek, Sobibor, Belzec) gebracht und dort umgebracht worden. Als den Häftlingen die Möglichkeit einer Ausreise in die Schweiz angeboten wurde, lehnten viele dies begreiflicherweise ab aus Furcht, in ein anderes Konzentrationslager verbracht und dort ermordet zu werden. Sie wussten mit großer Sicherheit nicht, dass das KZ-Auschwitz Tage zuvor (27. Januar 1945) von der Roten Armee befreit worden war; dass der Krieg zu Ende ging, mögen sie geahnt oder gehofft haben, aber die SS hatte beim militärischen Rückzug tausende KZ-Insassen mitgenommen oder umgebracht. 

Wie es zu dieser großen Befreiungsaktion jüdischer Häftlinge aus Theresienstadt und ihren Transport in die Schweiz gekommen ist, ist eine eigene Geschichte wert, die allerdings schon geschrieben ist (5). Wenige Monate zuvor, im Dezember 1944, hatte es eine ähnliche Aktion mit mehr als 1300 ungarischen Juden aus Budapest gegeben, die, statt nach Auschwitz deportiert zu werden, über das Ausländer-KZ Bergen-Belsen (in der Nähe von Hannover) in die Schweiz verbracht worden waren. Auch dies war eine schweizerische, privat organisierte Rettungsaktion engagierter Juden in der Schweiz, die zumeist ohne Unterstützung durch die Schweizer Behörden stattfand. Auch im Fall der Theresienstadt-Aktion wurde die Schweizer Regierung erst wenige Stunden vor dem Eintreffen der Häftlinge informiert – sicherlich nicht zu Unrecht: sie wäre geneigt gewesen, die Einwanderung zu verhindern.

Initiatoren dieser und einiger anderer Befreiungsaktionen war – unter anderem – die schweizerische jüdische Familie Sternbuch, das Ehepaar Recha und Isaak Sternbuch und die Brüder von Isaak, Elias und Nuchim. Diese bedienten sich – im Falle der Theresienstadt-Aktion – der Unterstützung eines konservativ-reaktionären ehemaligen Schweizer Bundespräsidenten, Jean-Marie Musy (1876-1952), der persönliche Kontakte zu Heinrich Himmler (1900-1945) hatte, NSDAP-Politiker und Hauptverantwortlicher für den Holocaust (6). Himmler hatte bei der Bergen-Belsen-Aktion bereits damit gebrüstet, eigenverantwortlich Juden ausreisen lassen zu können, wenn dies gegen entsprechende Bezahlung erfolge. 

Summen von mehreren Millionen Schweizer Franken (SF), die dafür gefordert würden, können nur ein Motiv dieser „Großmütigkeit“ gewesen sein; möglicherweise, so der Autor der Recherchen (4), ging es Himmler vor allem darum, finanzielle (persönliche?) Reserven für die absehbare Kriegsniederlage zu schaffen, eine in der internationalen Presse für Deutschland günstigere Stimmung zu erzeugen, und möglicherweise auch mit amerikanische Politikern in Kontakt zu kommen, um über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Jedenfalls verabredete Musy mit Himmler den Tausch von 1200 jüdischen KZ-Insassen gegen 5 Millionen SF, die die Familie Sternberg und ihre Unterstützer in den USA gesammelt hatten (4). Es soll ferner verabredet worden sein, zukünftig monatlich 1200 Juden aus Theresienstadt zu entlassen, gegen weitere Zahlungen – wozu es jedoch nicht gekommen ist, ebenso wenig wie zu Waffenstillstandsverhandlungen, die die Amerikaner ablehnten. Auch die Zahlung für den ersten Transport erreichte nie ihren Empfänger: das Geld kam erst in der Schweiz an, als der Krieg zu Ende war, und wurde den Spendern in den USA zurücküberwiesen. Und nachdem die Musy-Himmler-Verabredung Hitler hinterbracht worden war, hatte dieser alle weiteren Aktionen dieser Art untersagt – drei Monate später war das Nazi-Regime erledigt.

Die 1200 Häftlinge blieben nur wenige Tage in St. Gallen in einem Schulhaus (Hadwigschulhaus) untergebracht, dann wurden sie auf verschiedene Internierungslager im Land verteilt, und die schweizerische Regierung unternahm viele Bemühungen, diese Menschen nach Kriegsende möglichst schnell wieder in ihre Heimatländer zurückzuführen. Wohin Elsa Blumenreich gebracht wurde, ist uns gegenwärtig nicht bekannt, aber es liegen diesbezüglich mehrere Akten im Archiv für Zeitgeschichte (AfZ) der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, die noch ausgewertet werden sollen. So viel zumindest hat das AfZ bestätigte: Sie blieb in der Schweiz, wo sie am 7. Juni 1952 im Alter von 75 Jahren verstarb.

Literatur

1. BLHA: http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=1978352

2. Arolsen-Datenbank: https://collections.arolsen-archives.org/de/search

3. Mapping the Lives-Datenbank: https://www.mappingthelives.org/

4. Jörg Krummenacher-Schöll: Flüchtiges Glück. Die Flüchtlinge im Grenzkanton St. Gallen zur Zeit des Nationalsozialismus. Limmat-Verlag Zürich 2005.

5. Miroslav Kárny: Geschichte des Theresienstädter Transports in die Schweiz. Judaica Bohemiae 27 (1991) 4-16.

6. Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Vereinbarung_Himmler–Musy

Eine Mail aus den USA

Die Fälle häufen sich, in denen auf älteren historische Artikel über das Lützow-Viertel aus dem In- und Ausland Anfragen, Rückfragen, Kommentare oder Korrekturen kommen, erst aus Schweden (JUELE vom 11. Mai 2024), dann aus Wien (mittendran vom 24. August 2024), jetzt aus North-Carolina (wobei die erste Mail aus Rom kam). Der Hintergrund: eine jüdische Familie, Martin Popper und seine Frau Paula, geborene Salomon, Kaufleute, wohnten von 1914 bis 1932 am Lützowplatz 2 (Bild). Sie zogen dann nach Charlottenburg, und wurden im Zuge der antisemitischen Angriffe der Nazis auf die jüdische Bevölkerung zuletzt (September 1941) in das „Judenhaus“ im Blumeshof 15 gepfercht (1), von wo aus sie mit dem 58. Alterstransport im September 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden (2). Sie starben, nachdem man ihr Vermögen geplündert hatte, kurz nach ihrer Ankunft im Ghetto. Ihr einziges Kind, eine Tochter, geboren 1913 und verstorben 2013, überlebte zunächst in Italien, wo sie einen italienischen Internisten geheiratet hatte, und floh erneut vor den Faschisten nach Afrika. Sie initiierte nach dem Krieg ein Wiedergutmachungsverfahren, dessen Akten im Landesarchiv Berlin einsehbar sind. Deren Sohn wiederum, Daniele Armaleo, seit nunmehr 40 Jahren in den USA und jetzt emeritierter Professor an der Duke University in Durham (North Caroline), wandte sich mit einer Mail und Fragen zum Blumeshof an mich – dem Manne kann geholfen werden, wie es in Schillers „Die Räuber“ heißt, und er hilft uns, weiteren ehemaligen jüdischen Nachbarn im Lützow-Viertel einen Gedenkstein zu errichten.

Foto des Lützowplatzes um 1900, als der Herkulesbrunnen noch nicht gebaut war (1903) und die Straßenbahnen von Pferden gezogen wurden, d.h. vor deren Elektrifizierung (1902). Die italienische Beschriftung hat der Enkel der Poppers angefertigt, um die Lage der Wohnung der Familie am Lützowplatz zu markieren. Inzwischen habe ich die Bauakte eingesehen, die (rote) Korrektur ist vorn mir – dazu demnächst mehr.

1. https://zwangsraeume.berlin/de/houses/kluckstrasse-3

2. https://collections.arolsen-archives.org/de/search

Blumeshof 12 – eine Buchempfehlung

Die Buchempfehlung kam vor wenigen Tagen von einer Kollegin, Irmtraud Koop, die – wie ich – jüdischen Ärzt*innen nachspürt, die 1933 aus der Gemeinschaft der Magen-Darm-Spezialist*innen ausgeschlossen worden waren (1). Das Buch hat einen Bezug zum Blumeshof, deswegen kam die Empfehlung, daher wollte ich es gleich lesen, und darum hier diese kurze Besprechung (2).

Das Buch erzählt die Überlebensgeschichte einer jüdischen Familie aus dem Blumeshof 12, dem Haus, in dem auch die Großmutter mütterlicherseits von Walter Benjamin wohnte – Blumeshof 12 ist dadurch Teil der Weltliteratur geworden (3). Die meisten deutsch-jüdischen Familiengeschichten aus den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts enden entweder tragisch (Suizid, Deportation, Ermordung), oder sie berichten über eine rechtzeitige Flucht, oder Beides. Hier wird ein „dritter Weg“ berichtet, auch wenn es auch in dieser Familie Deportation und Auswanderung gegeben hat: die Anpassung an die widrigsten gesellschaftlichen Verhältnisse in den Jahren nach der Machtergreifung der Nazis.

Der Erzähler der Geschichte, Simon May, Nachkomme dieser Familie, wuchs in England in dem festen Glauben auf, einer katholischen deutschen Familie zu entstammen, und lernte erst mit den Jahren seine jüdische Familiengeschichte, der er dann nachspürt und die hier erzählt wird. Dies ist eine Geschichte des Anpassens, um zu überleben in einer Welt, in der Judenheit ausgegrenzt wurde, und in der Deutschtum (oder, um es mit dem Autor zu sagen, Ariertum – aryanism) als höherwertig erachtet wurde. Während sein Großvater, ein patriotischer Deutscher, der im Blumeshof 12 wohnte und bis zu seinem Berufsverbot 1933 als Rechtsanwalt am Berliner Kammergericht tätig war, sein Judentum mit seinem frühen Tod im Dezember 1933 – im Alter von 58 Jahren – mit ins Grab nahm, überlebten seine Witwe und zwei ihrer drei Töchter den Nationalsozialismus in Deutschland. Sie vermochten dies durch Wechsel der Religion (sie wurden strenggläubige Katholiken), durch Heirat mit Nicht-Juden, Beziehungen zu NSDAP-Mitgliedern, durch Lügen und Urkundenfälschung, und durch Nutzen aller sonst noch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der (Selbst-)Täuschung, bis hin zur totalen Verleugnung und Auslöschung der eigenen jüdischen Identität. Auch die dritte Tochter, die Mutter des Autors, die nach England emigrierte, „vergaß“ dort ihre jüdische Herkunft und zog ihre beiden Söhne in dem festen Glauben auf, Deutschland nur wegen ihrer Musikausbildung verlassen zu haben. 

Ich möchte dieser empfehlenswerten, spannenden Geschichte hier weder vorgreifen noch möchte ich sie nacherzählen, sie ist allerdings in Englisch geschrieben und daher möglicherweise nicht für alle zugänglich – ich stelle mein Exemplar gern zur Verfügung. 

Literatur

1. https://www.dgvs.de/dgvs/geschichte/gegen-das-vergessen/).

2. Simon May. How to be a refugee. Picador Publ., London 2021. 

3. Walter Benjamin. Berliner Kindheit um neunzehnhundert. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1987

Jüdische Gewerbebetriebe (2): Versandhaus A. Blumenreich (Teil 4)

Im vierten Teil der Familiengeschichte der Blumenreichs geht es um den 1880 geborenen Walter Blumenreich, der sich ab 1919 aus uns bislang nicht bekannten Gründen Walter Blonck nannte. Es gibt nur wenige Informationen zu ihm.

Walter Blumenreich (1880-1942)

Walter Blumenreich wurde 15. Mai 1880 in Berlin geboren; sein Vorname variierte in der Schreibweise (Walter, Walther), so dass wir uns entschieden haben, ihn einheitlich Walter zu nennen, wie es in seiner Geburtsurkunde geschrieben steht. Wie seine Geschwister hatte er mehrere „Mütter“, die sich nacheinander um ihn kümmerten – genau genommen vier -, aber er scheint den steten Wechsel der Bezugspersonen (1884 Tod der leiblichen Mutter, 1886 erneute Heirat des Vaters, 1890 Scheidung, 1891 erneute Heirat, 1899 Suizid der Stiefmutter, 1902 erneute Heirat, 1906 Tod des Vaters) im Alter zwischen 4 und 26 Jahren dramatischer erlebt haben als der jüngere Leo (mittendran vom 11. August 2024) und der ältere Arnhold (mittendran vom 20. Juli 2024), wie wir sehen werden.

Auffällig ist, dass er wie seine beiden Brüder dem Vorbild des Vaters folgte und zunächst eine Ausbildung als Buchhändler machte – nur das wo und wann können wir nicht rekonstruieren, aber das ist bei den meisten Ausbildungsgängen so, es sei denn, sie finden an Universitäten statt. Wir finden Walter Blumenreich erstmals im Berliner Adressbuch im Jahr 1905: Der 25-jährige Walter Blumenreich war Geschäftsführer und Gesellschafter der „Berliner Verlag GmbH“, Lützowplatz 3; im Jahr darauf: Schöneberger Ufer 32, und von 1908 bis 1910: Verlagsbuchhandlung Walter Blumenreich, Kurfürstenstr. 3.  Von 1911 bis 1918 schließlich wohnte er in der Genthiner Str. 13, in der heute Begas-Winkel genannten Privatstraße. Die Villa K hat heute die Nr. 31K und ist die ehemalige Villa des Künstler-Ehepaars Begas-Parmentier (mittendran vom 6. April 2022). Buchhandlung und Verlag residierten in der Linkstraße 29. Dann verschwand Walter Blumenreich aus dem Adressbuch, war aber noch bis 1927 im Handelsregister als Buchhalter der Firma Brack & Keller in der Linkstraße registriert.

Der Kunstbuchverlag Carl Brack & Keller GmbH mit einem Stammkapital vom 70.000 Mark (1905 erhöht auf 90.000 Mark) war am 24. Februar 1904 von den Kaufleuten Willy Wollank und Albert Heinrich Goldschmidt übernommen und im Handelsregister eingetragen worden (HRB 2458). Nach mehreren Änderungen der Geschäftsleitung und Prokura trat am 6. Dezember 1916 der Verlagsbuchhändler Walter Blumenreich der Firma bei und wurde zum Vorstand gewählt. Im Handelsregister wurde mit Datum vom 27. August 1919 eine Änderung des Nachnamens von Blumenreich in Blonck notiert (1).

Die Namensänderung

Laut seiner Geburtsurkunde wurde ihm am 29. Juli 1919 gestattet, den Familiennamen Blonck zu führen; er war zu diesem Zeitpunkt 39 Jahre alt. Einen Grund nennt die Urkunde nicht (Bild 1), sondern verweist auf eine Polizeiverfügung vom 15. Juli 1919 mit der Geschäftsnummer 178 B. T I 3.19. Also haben wir uns auf die Suche gemacht nach diesem Erlass in der Hoffnung, dort einen Grund für diese Namensänderung zu finden. Im Landesarchiv Berlin sind Akten zugänglich, die sich sowohl mit individuellen Fällen von Anträgen auf Namensänderungen in Berlin (2) wie auch mit den rechtlichen Voraussetzungen und Regelungen bei Namensänderungen generell befassen (3).

Bild 1. Beischrift auf der Geburtsurkunde von Walter Blumenreich (Quelle: Ancestry).

Eine Akte, in der der individuelle Fall der Namensänderung „Blumenreich zu Blonck“ dokumentiert wurde, haben wir nicht gefunden. Aber von den vielen Akten, in denen diese Anträge zwischen 1812 und 1945 gesammelt wurden, fehlen sehr viele, nicht nur die von Walter Blumenreich – möglicherweise sind diese Akten an anderen Orten ausgewertet worden, z.B. als es nach 1933 den Nazis darum ging, Juden zu identifizieren, die sich durch Taufe und Namensänderung assimiliert und weniger angreifbar gemacht hatten.

Namensänderungen waren aus folgenden Gründen möglich: Wenn Namen für deutsche Zungen unaussprechlich waren, z.B. polnische und russische Namen, oder wenn sie lächerlich waren (z.B. Dummer, Fick); jüdische Namen konnten auf Antrag geändert werden. Die meisten Namensänderungen wurden aus rechtlichen Gründen (bei Adoptionen, Scheidungen etc.) bewilligt. 

Beantragten Juden die Änderung des Familiennamens, kam es offenbar des Öfteren zu uneinheitlichen Regelungen, so dass sich der Innenminister 1900 veranlasst sah, in allen diesen Fällen darauf zu bestehen, dass diesen Anträgen „nicht ohne meine vorher einzuholende Ermächtigung Folge gegeben werde“ (3). Letztendlich haben wir den Grund für Walter Blumenreichs Änderung seines Nachnamens nicht gefunden, sondern können nur vermuten, dass dies aufgrund der antisemitischen Stimmung im Deutschen Reich erfolgte, die sich seit der sogenannten „Gründerkrise“ 1873 vor allem als „akademischer Antisemitismus“ nicht nur im Deutschen Reich breit machte (4). Aber der weitere Verlauf der Lebensgeschichte von Walter Blumenreich/Blonck lässt auch die Vermutung zu, dass die Namensänderung mit psychischen Problemen zu tun hatte.

Die schwere Nervenerkrankung

Von 1919 -1922 wohnte Walter Blonck noch in der Genthiner Str. 13, ab 1923 findet er sich nicht mehr im Berliner Adressbuch unter eigener Adresse. Die entscheidenden Hinweise auf seinen Verbleib ergaben sich stattdessen aus der Handelsregister-Akte des Kunstbuchverlages Carl Brack & Keller GmbH, wo er noch bis 1927 als alleiniger Verantwortlicher geführt wurde (1). 

Die von ihm jährlich zu führende und an das Handelsregister einzureichende Liste der Gesellschafter wurde für das Jahr 1921 nicht ausgeführt, sondern mit Begleitschreiben vom 14. Februar 1922 an das Amtsgericht Berlin-Mitte zurückgesandt, wonach sich der Geschäftsführer Walter Blonck seit 5 Monaten, d.h. seit Oktober 1921 „infolge einer überaus schweren Nervenerkrankung in einem Sanatorium befindet“ und eine Wiederherstellung der Gesundheit noch nicht abzusehen sei. Eine Mahnung des Gerichtes vom April 1922 beantwortete stattdessen sein Bruder Leo Blumenreich, Geschäftspartner des Kunsthandels Paul Cassirer (s. diese Webseite vom 19. August 2024) unter Verweis auf den inzwischen 6-monatigen Aufenthalt seines Bruders im Sanatorium Waldhaus in Nikolassee. Auch für 1922 schickte Leo das Formular zurück an das Amtsgericht, und für 1923 fragte das Amtsgericht vorsorglich bei Leo Blumenreich nach dem Gesundheitszustand, der sich im Oktober 1923 noch nicht gebessert hatte. 

Bürokratische Mühlen sind nicht nur schwer in die Gänge zu setzen, und sie sind auch schwer zu stoppen, wenn sie einmal in Bewegung kommen: So kam es im März 1924 zu einer Ordnungsstrafe (20 Mark) und der Androhung weiterer Kosten, falls der Meldepflicht nicht nachgekommen werde; diesmal (Mai 1924) antwortete Bruder Arnold, da Leo Blumenreich im Monat zuvor einen schweren Autounfall überlebt hatte, infolgedessen seine Frau verstorben war. In einem Schreiben an das Amtsgericht vom 17. November 1924 schlug Arnold vor, die Firma zu liquidieren, da „leider keine Hoffnung auf Genesung vorhanden ist“. Es dauerte dann noch zwei weitere Jahre, bis die Industrie- und Handelskammer zu Berlin am 30. Oktober 1926 dem Amtsgericht mitteilte, dass die Firma Carl Brack & Keller „im Jahre 1921 [den Geschäftsbetrieb eingestellt] hat. Vermögen besitzt die Firma nicht. Wir bitten, die Löschung der Firma im Handelsregister von amtswegen herbeizuführen„. Dies erfolgte mit Datum vom 31. Januar 1927.

Zehlendorf-Nikolassee, Wittstock (Dosse), Berlin-Buch, Brandenburg (Havel)

Das Sanatorium Waldhaus, heute eine Privatklinik für internistisch-psychosomatische und psychiatrische Behandlung in Zehlendorf-Nikolassee (Potsdamer Chaussee 69), war 1903 von dem Arzt und späteren Sanitätsrat Dr. med. Emil Nawratzki (1867–1938) zusammen mit seinem Kollegen Dr. Max Arndt (1871-1956) als „Heilanstalt für Gemütskranke“ gegründet und eröffnet worden (Bild 2). Sie ist im Berliner Adressbuch von 1904 bis 1936 als „private Heilanstalt“ aufgeführt. Die Bettenzahl im Jahr 1906 betrug 136, 67 für Männer und 69 für Frauen (5). Die jüdischen Eigentümer verkauften die Klinik 1936 zwangsweise an die Innere Mission der Evangelischen Landeskirche Berlin, vertreten durch Pastor Dr. Theodor Wenzel, die dort eine evangelische Kur- und Pflegeanstalt für Nervenkranke auf gemeinnütziger Grundlage einrichtete; im 2. Weltkrieg wurde die Klinik Lazarett.

Bild 2: Foto des Sanatorium Waldhaus in Steglitz-Nikolassee (Postkarte um 1910, gemeinfrei).

Es ist anzunehmen, dass auch die jüdischen Patient*innen in der Klinik nach der Machtergreifung der Nazis 1933 nicht unbehelligt blieben, aber spätestens mit Kriegsbeginn wurde Walter Blonck vermutlich in das Pflegeheim nach Wittstock (Dosse) verlegt, einer der Provinzialanstalten für Irre und Geisteskranke aus Berlin (Bild 3) (6). Wie man der Tabelle entnehmen kann, waren im Jahr 1925 etwa 5000 Pfleglinge, Alte und Kranke (Sieche) in Anstalten in Berlin untergebracht, und etwa die gleiche Anzahl in Anstalten außerhalb Berlins, davon etwa 300 in Wittstock. Hier verliert sich wieder die Spur von Walter Blonck, Krankenakten werden regelhaft nur 30 Jahre aufbewahrt.

Bild 3: Tabelle der pflegerischen, psychiatrischen und geriatrischen Patient*innen in den verschiedenen Pflegeanstalten Berlins und Brandenburgs (Quelle: (6)).

Es fand sich dann doch noch ein weiterer Hinweis auf seinen Verbleib im Gedenkbuch des Bundesarchivs zu den Opfern des Nationalsozialismus (7). Danach wurde der Patient „Walter Blonk“ im Rahmen der sogenannten T4-Sonderaktion von Wittstock nach Berlin-Buch in die dortigen Heilanstalten verlegt. In Buch wurden die psychiatrischen Patienten aus den umliegenden Anstalten gesammelt und dann nach Brandenburg (Havel) deportiert, wo sie direkt nach Ankunft ermordet (vergast) wurden; für Walter Blonck ist der 17. Juli 1940 als Tag der Deportation und Ermordung festgestellt (Bild 4). 

Bild 4: Walter Blonk in der Datenbank des Gedenkbuchs des Bundesarchivs (aus: (7)).

T4 steht für die Adresse Tiergartenstraße 4 (siehe mittendran am 3. Februar 2023), die Villa, in der leitende NSDAP-Mitglieder und eine Reihe Mediziner ab 1939 die Ermordung (euphemistisch „Euthanasie“ = „schöner Tod“ genannt) aller psychisch und körperlich behinderten Patienten in Deutschland beschlossen hatten. Die T4-Sonderaktion im Jahr 1940 führte alle jüdischen Patienten in Deutschland in einige wenige Institutionen zusammen – für Berlin und Brandenburg in Berlin-Buch – von wo aus die Deportationen erfolgten. In der „Landespflegeanstalt Brandenburg a. d. Havel“, einem umgebauten Zuchthaus, wurde ausprobiert, was in der Folge in vielen psychiatrischen Kliniken im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten exekutiert wurde: in Brandenburg wurden 9.000 Patienten, insgesamt wurden mehr als 70.000 kranke Menschen ermordet (8).

Literatur

1. Akte Brack & Keller im Landesarchiv Berlin (LAB): A Rep. 342-02 Nr. 126.

2. Akte Namensänderungen speziell im LAB: A Pr. Br. Rep. 30, Nr. 20585 ff.

3. Akte Namensänderungen allgemein im LAB: A Pr. Br. Rep. 30 Tit. 203 Nr. 20720.

4. Wikipedia-Artikel zum Antisemitismus, speziell der Abschnitt zum Antisemitismus im Kontext der Reichsgründung 1871.

5. Hans Laehr, Hrg. Die Anstalten für Psychisch-Kranke: In Deutschland, Deutsch-Österreich, der Schweiz und den Baltischen Ländern. 6. Auflage, Georg Reimer Verlag, Berlin 1907.

6. Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin 1927 (Jahrgänge 1876 bis 1934 in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin: https://digital.zlb.de/viewer/metadata/16308258/)

7. Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933-1945 (https://bundesarchiv.de/gedenkbuch/#list).

8. Henry Friedlander. Jüdische Anstaltspatienten im NS-Deutschland. In: Götz Aly, Hrg. AKTION T4 1939-1945.  Die „Euthanasie“-Zentrale in der Tiergartenstraße 4. Edition Hentrich, Berlin 1989, Seite 34-44.

Jüdische Gewerbebetriebe (2): Versandhaus A. Blumenreich (Teil 3)

Im nächsten Teil der Geschichte des Versandhandels Arnold Blumenreich gehen wir dem Schicksal der Geschwister von Arnold nach, die – wie er – aus der ersten Ehe seines Vaters Paul Philipp Blumenreich (JUELE vom 20. Juni 2024) mit Adele Fraenkel aus Breslau stammten: Arnold war der Älteste (JUELE vom 17. Juli 2024), geboren 1875 in Berlin, gefolgt von Elsa, die 1877 in Wien zur Welt kam. Walther wurde 1880 geboren und Leonhard kam 1884 in Berlin zur Welt. Fangen wir mit dem Jüngsten, mit Leo, an.

Leo Blumenreich (1884-1932)

Leo wurde am 18. September 1884 geboren. Seine leibliche Mutter war ein halbes Jahr nach seiner Geburt an Tuberkulose verstorben; die zweite Ehefrau seines Vaters, die Lehrerin Gertrud Lewissohn (1856-1903), wird ab November 1886 die Rolle seiner Mutter übernommen haben. Diese Ehe stand aber unter keinem guten Stern: Zwei in der Nachfolge geborene Kinder starben innerhalb kurzer Zeit (1887, 1888), und nach nur vier Jahre wurde die Ehe im Oktober 1890 geschieden: Leo war jetzt sieben Jahre alt. 

Leo lernte vermutlich schon vor der Scheidung seiner Eltern seine dritte „Mutter“ kennen, die Schriftstellerin Franziska Kapff-Essenther (1845-1899). Sie heiratete seinen Vater im Jahr 1891, kam aber bereits 1888 nach Berlin, und noch im gleichen Jahr sowie 1889 und 1891 wuchs die Familie um drei weitere Kinder; jetzt waren es sieben kleine Kinder, die mit den Eltern von 1892 bis 1894 nach Stuttgart zogen – Leo war 10 Jahre alt, als sie 1894 wieder nach Berlin kamen.

In der folgenden Zeit jonglierte und strauchelte sein Vater mit den von ihm initiierten Theaterprojekten, dem Theater Alt-Berlin auf der Gewerbeausstellung 1896 und dem Westend-Theater an der Kantstraße, auch und vor allem finanziell. Als sein Vater wegen Betrugs verurteilt wurde und sich der Gefängnisstrafe durch Flucht in die USA entzog (1897), hatte Leo vermutlich noch nicht seine Schulausbildung beendet und eine Buchhändlerlehre begonnen. Wikipedia (1) behauptet, dass er am 18. März 1898 am Königlichen Luisengymnasium in Moabit das Abitur gemacht habe, aber die Jahresberichte des Gymnasiums (2) listen ihn nicht, weder in diesem Jahr noch in den Jahren zuvor – und im Jahr 1899 war er zum Prüfungstermin zu Ostern gar nicht mehr im Lande (s. unten). Es ist ferner unklar, ob er vor 1899 bereits eine Buchhändlerlehre begonnen hatte und wenn doch, ob dies bereits bei Paul Cassirer war, in dessen Buch- und Kunstverlag er später Teilhaber werden sollte. Ausweislich einiger Zeitungsberichte hatte er Kontakt zu seiner Stiefmutter in Berlin, aber sicherlich nicht unmittelbar vor ihrem Suizid, wie behauptet. Denn Leo Blumenreich reiste am 5. Februar 1899 allein mit dem Schiff Patria von Hamburg nach New York (Bild 1) und war dort, als sich seine Stiefmutter am 28. Oktober 1899 in Berlin aus einem Hotelfenster stürzte und starb – Leo war jetzt 15 Jahre alt, auf der Passagierliste war er als Schüler notiert. In den Volkszählungsunterlagen von New York 1900 sind Paul Blumenreich und vier seiner Kinder gelistet, darunter Leo. 

Bild 1: Schiffspassage des Schülers Leo Blumenreich auf dem Schiff Patria der Hamburg-Amerika-Linie auf dem Wege von Hamburg nach New York, ausgelaufen am 5. Februar 1899 (Quelle: Ancestry).

Ob Leo mit seinem Vater 1901 von New York nach Wien zurückgekommen ist, ist unklar, aber wahrscheinlich; in diesem Fall hätte er 1901 in Wien seine vierte „Mutter“ kennengelernt, er war jetzt 17 Jahre alt. Laut Wikipedia hat er in Wien eine vierjährige Ausbildung zum Antiquariatsbuchhändler gemacht (1), aber auch hier fehlt der Beleg: Im Adressbuch von Wien in den Jahren bis 1907 gibt es Leo Blumenreich nicht – er war jetzt 20 Jahre alt. Die nächsten gesicherten Informationen über ihn finden wir an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, wo Leo vom SS 1908 bis einschließlich SS 1909 als Kunststudent eingeschrieben war. Grundlage dafür war eine Regelung im Hochschulrecht (§ 3 des Gesetzes vom 1. Oktober 1879), die es Staatsbürgern ohne Abitur erlaubte, bis zu vier Semester zu studieren, ohne jedoch einen Abschluss erlangen zu können (Bild 2). Den Nachweis „einer für die Anhörung von Universitäts-Vorlesungen genügender Bildung“ hatte er offenbar „auf dem hiesigen Luisen-Gymnasium“ erbracht (3). Auch ein universitäres Abschlussexamen ist nicht nachgewiesen in der Unterlagen des Universitätsarchivs (4). Stattdessen findet sich ein Brief in der Akte, dass er „aufgrund eines eiligen Umzugs nach England“ im Oktober 1909 sein Testat-Buch verloren habe und um ein Duplikat bitte – er hatte drei Semester Philosophie studiert.

Bild 2: Auf vier Semester beschränkte Zulassung zum Studien der Philosophie (Kunstgeschichte) ohne Abitur durch das Rektorat (aus: 4).

In London hatte er offenbar gemeinsam mit einem Schweizer, Martin Hofer (1889–?) von 1911 bis 1914 ein Antiquariat auf der Duke’s Street 47, St. James’s, das sich auf niederländische und italienische Primitive, sowie Zeichnungen und Kunsthandwerk spezialisierte (1). Er heiratete im Oktober 1913 in Willesden (Middlesex, England) Emmy Berman geborene Simon (1871-1923), deren Mann kurz zuvor (1912) verstorben war. Diese Ehe war 1905 geschlossen worden und ihr entstammten zwei Söhne, Hans und Sigfried, die noch minderjährig waren. 

Im Jahr 1915 kommentiert er in einen Artikel in der Berliner Tageszeitung und Handelsblatt über „Erlebnisse eines Kunsthändlers in London … von einem soeben aus England heimgekehrten deutschen Kunstverleger“ (5) über die während des Krieges (Erster Weltkrieg 1914-1918) vorhandenen Ressentiments und Anfeindungen, die Deutsche in England erfuhren: Aus seiner – sicherlich privilegierten – Sicht waren sie weitaus geringer als man in der deutschen und englischen Öffentlichkeit glaubte: „Mir und meinen Angehörigen sowie auch meinen vielen deutschen Freunden und Bekannten ist …nur freundlichste und weit über bloße Höflichkeit hinausgehende Anteilnahme entgegengebracht worden„. Diese optimistische Einschätzung mag sich nach dem Beginn der Zeppelin-Angriff auf England im Frühjahr 1915, insbeondere nach den Bombenabwürfen über London seit Mai d.j. wohl geändert haben.

Rechtzeitig kam Leo Blumenreich mit Frau und Kindern im Frühjahr 1915 nach Berlin, wo er zum 1. Januar 1917 als persönlich haftender Teilhaber bei Paul Cassirer (1871-1926) eintrat, der seine Kunstsalon und -verlag seit 1898 in der Victoriastraße 35 im Tiergarten-Viertel hatte. 1911 eröffnete Paul Cassirer zusätzlich einen Kunstbuchverlag, der auch die Kunstzeitschrift Pan ab 1911 neu herausgab. Der Buchverlag war ab 1917 in der Potsdamer Straße 113, in dem vom Architekten Ernst Klingenberg (1830-1918) um 1871 gebauten Villenareal (wie auch der sog. Begas-Winkel an der Genthiner Straße), das heute Mercatorhof heißt. Cassirer residierte in der Villa 8 und war damit Nachbar von Anton von Werner (1843-1915) in der Villa 6. Sein Cousin Bruno Cassirer (1872-1941), bis 1901 noch Mitinhaber von Paul Cassirers Kunsthandel, hatte seit 1902 einen eigenen Kunstverlag in der Derfflinger Str. 16.

Bereits im Jahr 1917 eröffnete Leo Blumenreich auch seine Kunsthandlung am Schöneberger Ufer 37. Etliche seiner Kunstaktivitäten (Kauf, Verkauf, Vermittlung, Schenkung) sind in einschlägigen Archiven und Museen gut dokumentiert (6) (Bild 3). Seine beiden Stiefsöhne wurden ebenfalls Kunsthändler: Dr. Siegfried Bermann heiratete 1921 in Berlin eine Serena Heissig aus Wien, die katholisch war, sein Bruder Hans Bermann heiratete 1922 ebenfalls in Berlin eine Amalia Susanna Berman aus Belgien – ihre Schicksale haben wir nicht weiterverfolgt.

Bild 3: Foto von Leo Blumenreich, aufgenommen 1926 (Fotografin: Lilly Baruch, Quelle: (1)).

Was wie eine friedliche, nach all den Entbehrungen der Kindheit geglückte Zeit des beruflichen und familiären Erfolges aussah, endete abrupt: Emmy Berman-Blumenreich starb einige Tage nach einem schweren Autounfall im April 1923 in der Nähe von Hoppegarten, eine der Schwiegertöchter war im Auto und wurde ebenfalls schwer verletzt (Bild 4) (7). Der Chauffeur war einem über die Straße laufenden Mädchen ausgewichen – beide kamen ums Leben. Leo, der wie die anderen aus dem Auto geschleuderte wurde, wurde nur leicht verletzt.

Bild 4: Meldung zum Autounfall vom 1. April 1923 (Ostersonntag) (Quelle: (7)).

Er heiratete im folgenden Jahr, am 22. April 1924, Johanna Cassirer geborene Sotschek (1887-1974); „Hannah“ Cassirer war zuvor mit dem Industriellen Alfred Cassirer (1875-1932) verheiratet gewesen und war geschieden worden. Im Jahr 1927 bezog die Familie ein Haus in Dahlem (Wildpfad 17E) (Bild 5). Das Kind aus der ersten Ehe von Hannah, Eva Cassirer, die 1920 geboren wurde und 2009 in Mallorca verstarb, hatte stets eine hohe Meinung von ihrem Stiefvater Leo Blumenreich. Auch wenn es ihm offenbar nicht vergönnt war, eigene Kinder zu haben, hat seine eigene, sehr schwierige Kindheit ihn offenbar veranlasst, anderen vaterlosen Kindern ein gutes Zuhause zu geben. Leo Blumenreich starb am 12. Mai 1932 im Martin-Luther-Krankenhaus Berlin, er wurden nur 

Bild 5: Die Blumenreich-Villa in Berlin-Dahlem, Wildpfad 17E (Quelle: Standbild aus eine YouTube-Video über Eva Cassirer: https://www.youtube.com/watch?v=09u94eguJf0

Literatur

1. https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_Blumenreich.

2. Abiturienten am Luisengymnnasium Ostern 1898: https://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ulbdsp/periodical/pageview/4023684.

3. R. Schiffmann (Hrsg). Deutsche Schulgesetze. L. Oehmigkes Verlag, Berlin 1886, Seite 212.

4. Akte im Archiv der Humboldt-Universität: Abgangszeugnisse vom 23ten Oktober 1909 bis 28ten Oktober 1909. Universitäts-Registratur Littr. A No. 6 Vol. 1720.

5. Berliner Tagblatt und Handelszeitung, Abendausgabe, Freitag, den 16. April 1915, Seite 4.

6. z.B. im Zentralinstitut für Kunstgeschichte: https://boehler.zikg.eu/.

7. Berliner Tagblatt und Handelszeitung, Abendausgabe vom 3. April 1923, Seite 4.

Jüdische Gewerbebetriebe (2) Versandhaus A. Blumenreich (Teil 2)

Im ersten Teil der Geschichte hatten wir die Herkunft Arnold Blumenreichs – und seiner Geschwister – vorgestellt, insbesondere den berühmt-berüchtigten Vater Paul Philipp Perez Blumenreich und seine vier Ehen mit insgesamt 14 Kindern (JUELE vom 22. Juni 2024). Wir haben uns gefragt, was bei so einer chaotischen Kindheit aus den vier Kindern der ersten Ehe geworden sein mag. Hier und heute also die Geschichte des ältesten Sohnes und seiner Familie, nachdem zwei Geschwisterkinder, die vor ihm geboren worden waren, noch im Kleinkindalter verstarben.
Laut Geburtsurkunde hieß er Arnold, aber er schrieb sich später im Leben gelegentlich, wenngleich nicht immer Arnhold (Bild 1) – wir werden ihn einheitlich Arnold nennen.

Bild 1: Aus der Bücherei des Arnhold Blumenreich (aus: Sammlung Ex Libris, Datenbank der Sammlungen des Museums für Angewandte Kunst, Budapest, Ungarn. Künstler: Felix Willmann, Berlin)

Von Wien nach Berlin

Arnold Blumenreich, geboren am 6. November 1875 in Berlin, heiratete am 3. Dezember 1905 in Wien Ilse Mautner, Tochter des Hauptschullehrers Julius Jakob Mautner, geboren am 23. August 1877. Im diesem Jahr 1877 waren die Eltern von Arnold, der Schriftsteller Paul Blumenreich und seine (erste) Frau Adele, geborene Fränkel, die zu diesem Zeitpunkt hochschwanger war, mit Arnold nach Wien umgezogen, wo Blumenreich Redakteur einer Zeitung wurde und vor allem Theaterstücke verfasste; drei Jahre später (Arnold war 5 Jahre alt) zog die Familie wieder zurück nach Berlin. Als er neun Jahre alt war (1885), starb seine Mutter an Tuberkulose. Ein Jahr später (1886) heiratete sein Vater erneut. Diese Ehe hatte nur vier Jahre Bestand, sie wurden 1890 geschieden, Arnold war jetzt 15 Jahre alt. Zuvor bereits hatte sein Vater, vermutlich in Wien, die Schriftstellerin Franziska Kapff-Essenther (1845-1899) kennengelernt, sie wurde 1891 seine dritte Frau.

Es ist völlig unklar, wo Arnold seine Schulzeit verbracht hat (vermutlich größtenteils in Berlin), wo er seine Buchhändler-Lehre gemacht hat, und wann und wo er die Ilse Mautner kennengelernt hat, wahrscheinlich in Wien. Jedenfalls haben sie dort 1905 in der jüdischen Gemeinde geheiratet. Im Jahr 1906 kam ein Sohn, Victor, zur Welt, und im Jahr 1911 eine Tochter, Gerda. 1919 zogen Victor und Gerda mit den Eltern nach Berlin. Victor Tod wurde im Rahmen des Wiedergutmachungsverfahrens 1960 dokumentiert : er starb Neufchatel (Schweiz) „gegen Ende des 1. Weltkriegs … sein Tod wird mit dem Zeitpunkt 31. Dezember 1923 festgestellt“ (1).

Im Jahr 1908 eröffnete Arnold Blumenreich in Wien, in der Webgasse 12, das Wiener Kunsthaus Ges.m.b.H., das bis 1923 in Wien nachweisbar ist, jedoch mit Unterbrechungen. Darüber hinaus war Arnold Blumenreich Gesellschafter eines Kunst- und Musikalienhandels in Wien, und meldete 1916 in Wien „Blumenreich´s Versandhaus Ges.m.b.H.“ an; eine gleichnamige Fima eröffnete er in Budapest. Dieser Teil seiner Biografie ist in der exzellenten Master-Arbeit von Victoria Louise Steinwachs (2) gut recherchiert und dokumentiert. Auch die vielfältigen Aktivitäten des Versandhauses (Kauf, Verkauf, Vermittlung von Kunst etc.) sind bei Steinwachs gut dokumentiert und werden hier nicht behandelt (Bild 2).

Bild 2: Visitenkarte des Arnold Blumenreich (aus: Der Querschnitt, Sommerheft (Heft 2) 1922).

Den Beitrag von Bethan Griffiths „Jüdische Gewerbebetriebe rund um die Potsdamer Straße: Versandhandel Arnhold Blumenreich“ über den Aufstieg und die anschließende Auflösung des Geschäftes nach der Machtergreifung der Nazis 1933 wollen wir hier nicht wiederholen, sondern verweisen auf die Veröffentlichung hier vom 17. Februar 2023. Diese Geschichte endet mit dem folgenden Absatz: 

Für das Ehepaar wurde es in Berlin immer bedrohlicher. Im Mai 1939 wurde Arnhold aus unbekannten Gründen verhaftet und im Polizeigefängnis Mitte inhaftiert. Er und Ilse wurden schließlich am 28.10.1942 aus ihrer Wohnung in der Solinger Str. 6 nach Theresienstadt deportiert. Die furchtbaren Bedingungen des Konzentrationslagers überlebte Ilse nur ein halbes Jahr. Arnhold starb ein Jahr nach seiner Deportation. 

Die weitere Geschichte wirft einige Fragen auf, denen wir nachgegangen sind: Warum und wie wohnte die Familie in der Solinger Straße 6? Was geschah mit den Kunstgegenständen? Was wurde aus Gerda Blumenreich, der Tochter? Gab es nach dem Krieg ein Wiedergutmachungsverfahren, und wie ging es aus?

Judenhäuser in der Solinger Straße

In der Levetzowstraße 7/8 in Berlin-Moabit befand sich seit 1914 eine der größten Synagogen Berlins. Die Nationalsozialisten richteten dort 1941 ein Sammellager für Juden ein, die sie anschließend in den Osten deportierten (3) – und drumherum gab es eine Vielzahl von sogenannten „Judenhäusern“, in denen die von außerhalb Berlins oder aus anderen Stadtteilen zusammengezogenen Juden bis zur – geplanten – Deportation ab dem Jahr 1939 einquartiert wurden. Die Solinger Straße 6 war so ein Judenhaus in der Nähe der Synagoge, neben einigen anderen in der gleichen und den umliegenden Straßen (Bild 3). Natürlich wohnten besonders viele Juden in der Umgebung der Synagoge, und viele dieser Häuser hatten ursprünglich jüdische Besitzer – sie standen nach der Machtergreifung des Nazis unter Zwangsverwaltung, auch das Haus Solingerstraße 6. Es gehörte einem J. Kaufmann aus Riga und wurde ab 1939 von einer Charlotte Meurer im Auftrag der Treuhandstelle Ost verwaltet. Arnold Blumenreich arbeitete zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als Buch- und Kunsthändler, sondern als „Wohnungsberater“ der Jüdischen Krankenversicherung (JKV) für 190 Reichsmark (RM) monatlich. Die Miete für die 4-Zimmer-Wohnung war 130,30 RM im Monat. In der gleichen Wohnung war weiterhin eine jüdische Familie (Ernst und Elfriede Süßmann und ihre Tochter Franziska) untergebracht (4). Der Vormieter der Wohnung, Heymann Grossmann, war im Oktober „ausgewandert“.

Bild 3: Sogenannte „Judenhäuser“ in der Umgebung der Synagoge in der Levetzowstraße, insbesondere in der Solinger Straße. Screen-Kopie der Webseite „Zwangsräume“ (5).

Die Webseite „Zwangsräume“, die Judenhäuser in Berlin dokumentiert (5), nennt wenigstens 16 Umzüge an diese Adresse nach 1939. Eine dieser Umzüge war der der Familie Arnold Blumenreich, die nach 1939 nicht mehr unter ihrer alten Adresse (1938: Schöneberger Ufer/Großadmiral von Koester-Ufer 55; 1939: Kluckstraße 13) im Berliner Adressbuch gelistet war. Sie zog zum 28. November 1940 in die Solinger Straße 6, 2. Stock, nachdem sie zuvor offenbar kurzzeitig schon in der Solinger Straße 3 gewohnt hatte, ein weiteres Judenhaus mit mindestens 13 Einzügen seit 1939. Durch diese Zwangsumzüge war, wie die Nazi-Presse lauthals verkünden konnte, das Tiergartenviertel „judenfrei“ und bereit zum großen Umbau für „Germania“, den Monster-Stadtplan von Albert Speer (6).

Wir erfahren all dies aus den Akten, die das Finanzministerium angelegt hatte (4), um Eigentum und Vermögen der Juden zu erfassen und zu konfiszieren. Auf der Grundlage eines entsprechenden anti-jüdischen Gesetzes musste alle Juden in Deutschland eine gesonderte Vermögenserklärung gegenüber dem Finanzamt abgeben – die Erklärung der Familie Blumenreich (Arnold, Ilse und Gerda) listet alle Einrichtungsgegenstände der Wohnung auf, die sie in der Solinger Straße bewohnten (s. unten) – Kunstgegenstände waren nicht darunter. 

Da jüdische Galeristen bereits vor 1939 ihre Geschäfte aufgeben mussten, aus den Kunst- und Kunsthändler-Verbänden ausgeschlossen wurden und die von ihnen gehandelte Kunst oftmals als „entartet“ gebrandmarkt worden war, wurde die Kunst versteigert; die „entartete“ ging ins Ausland, um Devisen einzufahren für den geplanten Krieg, und wenn sie dem nationalsozialistischen „Zeitgeist“ entsprach, an einheimische Sammler. Wenn sich nicht zuvor Göring oder Hitler die Werke selbst unter den Nagel rissen für ihre Privatsammlungen (7).

Arnold und Ilse hatten einen Ehevertrag zur Gütertrennung vom 24. März 1906, also noch in Wien vereinbart und im Notariatsregister Breslau am 12. August 1911 hinterlegt. Die Vermögenserklärungen von Arnold und Ilse Blumenreich (vom 16. Oktober 1942) sind darüber hinaus deswegen spärlich, weil sie den gesamten Hausrat 1939 ihrer Tochter Gerda als Aussteuer übertragen hatten und bis auf weniges Persönliches, vor allem Kleider, nichts mehr besaßen. Sollten sie noch Geld gehabt haben, so haben sie dies sicherlich für die Reise und Unterbringung in Theresienstadt ausgeben müssen – die Nazis ließen sich auch dies von den Deportierten bezahlen, da ihnen ja ein „Altersruhesitz“ versprochen wurde – welch ein Zynismus. Als Gerda ihre Vermögenserklärung abgab (am 24. November 1942), waren ihre Eltern bereits „abgereist“: Sie wurden mit dem 68. Alterstransport am 28. Oktober 1842 nach Theresienstadt deportiert (8) – ob sie danach noch mal Kontakt mit ihnen hatte, ist zweifelhaft, beide starben innerhalb eines Jahres. Aber die geheime Staatspolizei (Gestapo) konnte dem Oberfinanzpräsidenten die erfolgreiche Beschlagnahmung des Vermögens weiterer 100 Juden nebst deren Abschiebung nach Theresienstadt in einem geschäftsmässigen Schreiben melden (Bild 4).

Bild 4: Schreiben der Gestapo vom 30. Oktober 1942 an den Oberfinanzpräsidenten zum Vollzug des 68. Alterstransportes (aus (8)).

Gerda Blumenreich

Gerda Blumenreich, am 16. März 1911 in Wien geboren, war 22 Jahre alt, als die Nazis an die Macht kamen. Sie war unverheiratet, hat noch bei ihren Eltern gewohnt, und war laut Informationen aus den Akten des BLHA (9), von Beruf Fürsorgerin und ständige Helferin in der Synagoge in der Levetzowstraße. In ihrer Vermögenserklärung gibt sie weitere Informationen: Sie arbeitete zuletzt bei der Jüdischen Kulturvereinigung zu Berlin e.V. für 200 RM netto im Monat, bewohnte die 4-Zimmer-Wohnung nach der „Abwanderung“ ihrer Eltern nach Theresienstadt allein, zahlte dafür 135 RM Miete, hatte aber einen weiteren Untermieter aufgenommen – möglicherweise war die Familie Süßmann ebenfalls bereits deportiert worden.

Das Wohnungsinventar wurde Finanzamt auf eine Gesamtwert von 1239 RM geschätzt, wobei bei vielen Positionen vermerkt wurde: defekt, alt, beschädigt, zerbrochen etc. Dies wurde später im Wiedergutmachungsverfahren als „übliche Praxis“ der Auktionshäuser bezeichnet, um den Preis zu drücken und so auf jeden Fall die Gegenstände zu verkaufen – das Finanzamt war schließlich nicht an Möbeln interessiert, sondern an Geldwerten. Die Versteigerung von etwa 60 Positionen am 23. März 1943 listet auch die vielen Käufer des Blumenreichschen Hausrates. Der auf der Auktion erzielte Gesamtverkaufspreis von 3097,00 RM reduzierte sich um 309,70 RM als Gebühr für die Versteigerung, und 203,10 RM für den Transport des Hausrats, so dass am 6. April 1943 nur 2584,20 RM an die Finanzkasse des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg überwiesen wurden. Auch das Eigentum der Familie Süßmann kam zur Versteigerung und erbrachte (netto) 387,10 RM. Als das Geld beim Finanzamt einging, war Gerda Blumenreich schon mit dem 23. Osttransport am 29. November 1942 als Nr. 1007 von 1021 anderen nach Auschwitz deportiert und dort vermutlich unmittelbar nach Ankunft umgebracht worden (10) (Bild 5).

Bild 5. Gerda Blumenreich auf der Deportationsliste des 23. Osttransports (aus: 10).

Aber es gab weitere Interessenten an dem wenigen Geld: Die Hausverwaltung veranlasste unmittelbar nach Auszug von Gerda Blumenreich umfängliche Renovierungen der Wohnung, deren Gesamtrechnung sich auf 1093,46 RM belief. Diese Kosten machten sie gegenüber dem Finanzamt am 29. September 1943 geltend, und dann begann das, was man wohl eine Schacherei nennt. Das Finanzamt monierte, dass eine Gesamtrenovierung nach zwei Jahren Wohnens nicht angemessen sei, da bei Wohnungsbezug keinerlei Mängel notiert worden seien, sondern die Wohnung laut Mietvertrag renoviert übernommen worden sei. In der Vermögenserklärung hatte Arnold Blumenreich demgegenüber erhebliche Mängen in den hinteren Räumen beanstandet. Ausnahmsweise bot das Finanzamt die Übernahme von einem Drittel der Kosten an, und erhöhte schließlich auf 50%, nachdem die Hausverwaltung nachgelegt und über erhebliche Mietschäden durch ungenehmigte Untervermietung geltend gemacht hatte. Und so überwies das Finanzamt am 30. November 1944 vom Verkaufserlös des Mobiliars einen nicht unerheblichen Teil (510,76 RM) wieder zurück in den Geldkreislauf – 6 Monate vor Kriegsende. Die darüber hinaus gehenden vielfachen persönlichen wie dienstlichen Bereicherungen Einzelner wie auch unterschiedlicher Ämter und Behörden am Vermögen der Juden ist gut dokumentiert und diskutiert, z.B. bei Dinkelaker (3).

Das Wiedergutmachungsverfahren

Ein Antrag auf Wiedergutmachung (1) wurde am 19. März 1959 vom Bruder von Ilse Blumenreich geborene Mautner gestellt, Dr. Leo Viktor Mautner, der rechtzeitig vor dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich nach Columbien ausgewandert war – er war, als er den Antrag stellte, 85 Jahre alt und machte in seinem Antrag wegen seines hohen Alters auf eine gewissen Dringlichkeit aufmerksam. Das hinderte den Justizapparat in Deutschland jedoch nicht, zunächst die bürokratischen Mühlen mahlen zu lassen: Er musste nicht nur nachweisen, dass er der rechtmäßige Erbe seiner Schwester ist (was wegen der fehlenden Informationen über den Verbleib von Gerda schwierig war), er musste auch den Inhalt der Wohnung nachweisen, „da Hausratsgegenstände in der letzten Wohnung Berlin NW 87, Solinger Str. 6 nicht vorgefunden worden (sind)„. Er musste, als die Versteigerungsliste auftauchte, widerlegen, dass die Wohnungseinrichtung alt, defekt, zerbrochen etc. war – eine eidesstattliche Versicherung war dazu unzureichend, es musste vom Gericht ein Gutachten eingeholt werden, dass dies bestätigte und dass den wahren Wert des Mobiliars zum Zeitpunkt der Konfiszierung schätzte – es kam auf einen Wiederbeschaffungswert von 16.727 DM. Erst als das Gericht durchblicken ließ, dass es der Argumentation des Antrag folgen würde, bewegte sich das Finanzamt und bot am 13. Februar 1963 als Kompromiss die Zahlung von 10.000 DM – das RM:DM-Verhältnis lag in all diesen Verfahren bei etwa 10:1. Und erst nochmaliges Insistieren der Antragsteller und des Gerichtes führten schließlich am 1. März 1965 zum Vergleich: Zahlung von 13.364 DM – aber da war der Antragsteller bereits verstorben, und sein Sohn führte das Verfahren zu Ende. 

Literatur

1. Wiedergutmachungs-Akten (WGA) im Landesarchiv Berlin:  B Rep. 025-02 Nr. 22127/59.

2. Victoria Louise Steinwachs: Arnold Blumenreich. Ein Beitrag zur Erforschung jüdischen Kunsthandels in Berlin im Dritten Reich. Masterarbeit Kunstgeschichte, FU Berlin, ohne Jahr (2016).

3. Philipp Dinkelaker: Das Sammellager in der Berliner Synagoge Levetzowstraße 1941/42. Metropol Verlag Berlin 2017.

4. Akte im Brandenburgischen Landeshauptarchiv: Blumenreich Arnold, 36A (II) 3700.

5. Webseite „Zwangsräume“ des Aktien Museums: https://zwangsraeume.berlin/de

6. Hans J. Reichhardt, Wolfgang Schäche: Von Berlin nach Germania – Über die Zerstörung der Reichshauptstadt durch Albert Speers Neugestaltungsplanungen. Berlin, Transit Buchverlag 1986.

7. Günther Haase: Die Kunstsammlung des Reichsmarschalls Hermann Göring. Kunstsammlung Göring. Eine Dokumentation. Quintessenz-Verlag Berlin 2000

8. Transportliste des 68. Alterstransport Theresienstadt. Arolsen Datenbank Doc ID: 127207457: https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127207457

9. Akte im Brandenburgischen Landeshauptarchiv: Blumenreich, Gerda, 26A (II) 3695

10. Transportliste des 23. Osttransport in das Konzentrationslager Auschwitz. Arolsen Datenbank Doc ID 127207555: https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127207555.

STOLPERSTEINE ZUM GEDENKEN AN DIE FAMILIE KUBATZKY

Stolpersteine für Rosa, Herrmann und Herbert Kubatzky
Foto: EKI

Am Montag, 24. Juni, wurden in mehreren Berliner Bezirken insgesamt zehn Stolpersteine für Mitglieder der Familie Kubatzky verlegt. In Tiergarten-Süd hatten in der Lützowstraße 87, dort wo heute der Schulhof der Allegro-Grundschule ist,  Hermann Julius Kubatzky, seine Frau Rosa Kubatzky, geb. Arndt und ihr Sohn Herbert Kubatzky gewohnt.  Sie konnten in den 1930er Jahren nach Palästina fliehen und so ihr Leben retten. Alle drei haben den Holocaust überlebt.

Angehörige und Gäste bei der Stolperstein-Verlegung in der Lützowstr. 87
Foto FP

Debbie Kirby, Urenkelin von Hermann und Rosa Kubatzky, sprach auf Englisch einige bewegende Worte am Ort des ehemaligen Wohnhauses ihrer Urgroßeltern. Sie und weitere Verwandte waren aus Israel und den USA angereist. Sie dankten für die Teilnahme von rund 15 Nachbarn aus Tiergarten an dieser Veranstaltung.

Debbie Kirby, begleitet von ihrem Vater (re.) spricht Worte des Gedenkens an ihre Familie vo dem Hause Pohlstr. 64
Foto FP

Die Recherchen zum Schicksal dieser jüdischen Familie hat Oliver Staack ins Rollen gebracht: auf einem Flohmarkt kaufte er durch Zufall Postkarten, die Wanda Kubatzky ihrem Verlobten geschrieben hatte. Als Oliver Staack feststellte, dass die Familie Kubatzky aus dem pommerschen Kreis Deutsch Krone nach Berlin gezogen war, weckte das sein Interesse, weil auch seine eigene Großmutter von dort stammte. In der Corona-Zeit hatte er Muße für die tiefergehende Recherche und bekam über eine Genealogie-Seite im Netz Kontakt zu Debbie Kirby. Die Initiative „Stolpersteine Mitte“ brachte die Verlegung der Stolpersteine auf den Weg.

Theo Bröcker, Projekt Stolpersteine Mitte, erinnert an das Schicksal von Hedwig und Johana Kubatzky
Foto FP
Teilnehmende an der Stolpersteinverlegung in der Pohlstraße
Foto FP

Bei strahlendem Sonnenschein gingen die Gäste der Stolperstein-Verlegung gemeinsam in die Pohlstraße 64, dem früheren Wohnhaus von Hedwig Kubatzky, 1875 in Zippnow/Pommern geboren. Hedwig Kubatzky hatte im Hause Pohlstraße 64 ein Atelier, in dem sie ihren Beruf als Schneiderin und Modistin ausübte. Neben dem Stolperstein für Hedwig Kubatzky wurde ein weiterer für ihre Schwester Johana Kubatzky verlegt, deren Wohnadresse in Berlin nicht ermittelt werden konnte. Beide Schwestern wurden 1941 nach Riga deportiert und dort ermordet.

Stolpersteine zum Gedenken an Johana und Hedwig Kubatzky vor dem Haus Pohlstr. 64
Foto EKI
Frank Lunte spielt Altsaxophon im Rahmen der Stolpersteinverlegung
Foto FP

Eine besondere Atmosphäre lag über beiden Gedenkveranstaltungen: Frank Lunte, Musiklehrer an der Allegro-Schule, spielte auf dem Altsaxophon mehrere Musikstücke jüdischer Komponisten aus den 1930er Jahren.