Das Haus Fürstenberg am Lützowplatz – 6

Das Ende des Hauses Fürstenberg wurde eingeleitet durch eine Vielzahl antijüdischer Gesetze und Verordnungen, die die Nationalsozialisten unmittelbar nach der Machtergreifung 1933 erließen (26). Kaum vorstellbar ist, dass dies die Familie Fürstenberg überrascht hat, möglich ist aber, dass die Fürstenbergs ihre Ausreise aus Deutschland erst nach dem Wahlsieg der Nationalsozialisten ins Auge gefasst hatten. Zu diesen Plänen mag auch die Reise nach Amerika passen, die Sally Fürstenberg im Jahr 1935 gemeinsam mit seinem Sohn Fritz unternahm (Bild 29). Immerhin hatte die Familie Verwandte in den Vereinigten Staaten, Nachkommen von Julius Fürstenberg, dem älteren Bruder von Sally, (siehe Teil 3). 

Bild 29: Schiffspassage von Egon Sally Fürstenberg und seinem Sohn Fritz mit der „Bremen“ von Bremen nach New York am 3. Mai 1935 (Quelle: Ancestry).

Spätestens aber das „Gesetz über die Anmeldung des Vermögens der Juden“ vom 26. April 1938 und die „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ vom 12. November 1938 muss ihnen deutlich gemacht haben, dass eine Emigration notwendig war. Details des in diesem Zusammenhang erzwungenen „Vertrags“ der Familie Fürstenberg mit dem deutschen Reich wurden erst in den Restitutionsverfahren der Familie nach dem Krieg bekannt und werden hier erstmals ausgewertet (27). Eine Darstellung dieser sinnentstellend „Wiedergutmachungsverfahren“ genannten Prozesse ab 1950 wird diese Familiengeschichte in einem weiteren Teil abschließen.

Die Vermögenserklärungen

Am 30. Juni 1938 erklärte Sally Fürstenberg sein Vermögen, insgesamt wird es beziffert auf 4.7048.472 Millionen Reichsmark (RM), dem Schulden in Höhe von 585.836 RM gegenüberstanden (Bild 30). Die sechs Pferde und ein Fohlen, die er zu diesem Zeitpunkt besaß, sind mit keinem Wert beziffert, die fünf Grundstücke sind in dieser Auflistung mit 1.370.000 RM enthalten.

Bild 30: Vermögenserklärung (Formularkopf) von Sally Fürstenberg, Paul Fürstenberg und Sophie Fürstenberg (aus: 27).

Sein Sohn Paul, zu diesem Zeitpunkt 38 Jahre alt und verheiratet, bezifferte am 28. Juni 1938 sein Vermögen auf 709.205 RM. Paul Fürstenberg gab an, 80.293 RM Schulden bei Hellmut Fürstenberg (Giza bei Kairo) zu haben sowie treuhänderisch das Vermögen von Helga Birnholz und Stefan Fürstenberg zu verwalten, die beide noch minderjährig waren. 

Sophie Fürstenberg, geborene Birnholz, Witwe von Gustav Fürstenberg, gab ein Vermögen von 1.662.093 RM an. 

Weitere Vermögenserklärungen sind in den Wiedergutmachungsakten (WGA) nicht enthalten. Womit sich die Frage stellt, ob die inzwischen volljährigen Söhne Fritz, Rolf und Hellmuth entsprechende Erklärungen abgegeben haben, oder ob sie ihre liquiden Anteile an der Firma (die sich in gleichem Umfang wie die von Paul Fürstenberg bewegt haben dürften) vor dem genannten Datum ins Ausland verlagert haben. Dafür spricht nicht nur die Reise von Fritz Fürstenberg (gemeinsam mit seinem Vater) in die USA im Jahr 1935, sondern auch der Umstand, dass Hellmuth Fürstenberg 1938 seinen Hausstand in Ägypten hat. Und in dem Vertrag der Familie Fürstenberg mit dem Deutschen Reich (s. unten) wird die Familie ausdrücklich als bestehend aus Sally Fürstenberg, seinem Sohn Paul nebst Ehefrau und Kinder, und der Witwe von Gustav Fürstenberg, Sophie Fürstenberg geborene Birnbaum bezeichnet.

Letzte Klarheit verschaffte ein Bericht von Paul Fürstenberg (der sich seit seiner Einbürgerung in Amerika Paul Forbes nannte) aus dem Jahr 1968, der sich im Leo-Baeck-Institut in New York in der Albert Rosenhain Collection (28) fand (Bild 31): 

Fritz Fürstenberg wanderte am 1. April 1933, drei Monate nach der Machtergreifung durch die Nazis, nach Holland aus und gründete in Amsterdam die Firma N.V.Reveillon, die bis zum Besetzung Holland durch die deutsche Wehrmacht 1942 fortbestand, aber dann in die Hände der Firma Reiwinkel überging, die das Berliner Stammhaus Rosenhain übernommen hatten (s. unten). Der drohenden Deportation entgingen Fritz und seine Frau durch Flucht in die Schweiz; sie wurden 1945 repatriiert.

Ein jüdischer Verkäufer der Firma Rosenhain in Berlin, Hellmut Wittenberg, wanderte 1933 nach Palästina aus und gründete in Tel Aviv die Firma Rivoli, die 1940 Bankrott anmeldete. Da ihr Hauptgläubiger die Firma Rosenhain, Berlin war, übernahm diese die Geschäfte und führt sie bis in die Nachkriegszeit.

Im April 1936 eröffnete Fritz Fürstenberg gemeinsam mit einem weiteren Verkäufer aus Berlin, Ernst Hünerberg, die Firma Rivoli in Alexandria, Ägypten, ebenfalls mit Krediten der Firma Rosenhain, Berlin. Eine weitere Filiale entstand kurze Zeit später in Kairo. 

Hellmut Fürstenberg wanderte 1937 aus Deutschland aus und übernahm die Leitung der Geschäfte in Kairo bis nach dem Krieg.

Ulrich Fürstenberg übernahm 1936 in London die Leitung einer Rivoli-Filiale, gemeinsam mit einem weiteren früheren Verkäufer der Firma Rosenhain, Bruno Schleyer, und zeitweilig auch Paul Rosenhain. Dieses Geschäft wurde 1941 durch deutsche Bombenabwürfe über London vernichtet worden und wurde nicht wieder aufgebaut.

Bild 31 Bericht von Paul Fürstenberg über die Auslandsgründungen der Firma Rosenhain nach 1933 (aus: Leo-Baeck-Institut New York, (28)).

Wir können also festhalten, dass die Fürstenberg-Familie unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten begonnen hat, der drohenden Enteignung und Bedrohung von Leib und Leben entgegenzuwirken, und sowohl die Auswanderung als auch die Verlagerung der Geschäfte ins Ausland betrieb. Gleichzeitig wurden offenbar verdiente Angestellte, die aus den gleichen Gründen um ihr Leben fürchten mussten, ebenfalls zur Auswanderung verholfen.

Die Arisierung („Entjudung“) der Firma Rosenhain

Neben den bereits genannten Dokumenten im Rahmen der Restitutionsverfahren nach dem Krieg liegt für den Prozess der „Arisierung“ eine Akte der diesen Prozess leitenden Reichs-Kredit-Gesellschaft (RKG), die Konzernbank der reichseigenen Industrieunternehmungen, vor. Diese Akte, die im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde archiviert ist (29). Wenn aus dieser Akte die Notars- und Anwaltsrechnungen herausgenommen werden, die fast 1/3 der Dokumente betreffen, lässt sich der Gesamtprozess recht gut rekonstruieren. Der dabei entstehende Eindruck, dass der Arisierungsprozess weniger der ideologischen „Entjudung“ der Firma Rosenhain galt als vielmehr der Beschaffung von Geldwerten, insbesondere von ausländischen Geldern (Devisen) für eine marode deutsche Volkswirtschaft, die einen Weltkrieg plante, wird in einem späten Dokument bestätigt. Am 15. August 1941 vermerkt Herr Muss von der RKG in einer Notiz zu einem Telefonat mit Geheimrat Zetsche von Reichswirtschaftsministerium, dass „die Entjudung der Firma Fürstenberg eigentlich nicht im Vordergrund gestanden hätte, sondern vielmehr Ausgangspunkt und ausschlaggebend die Frage war, welcher Gegenwert Herr Koch für die hereingebrachten Devisen marktmässig zugebilligt werden kann“ (Blatt 22) – immerhin hatte Koch dem Deutschen Reich ein Devisenpaket von 57.000 Britischen Pfund gebracht, das Pfund zu 42 RM, entsprechend also fast 2,5 Millionen RM. 

Walter Koch war Auslandsdeutscher, Arier im Sinne des Gesetzes, wie an anderer Stelle festgestellt wurde (Blatt 106), der nach Auskunft der „German Chamber of Commerce“ (Blatt 234) in London zusammen mit seinem Bruder Anteile an einer englischen Firma „Everready“ hatte, die verkauft wurde und die beiden Deutschen zurückließ „zu einer Zeit …in der die [deutsch-englischen] politischen Verhältnisse sehr zugespitzt waren„. Die auf diese Weise freiwerdenden Gelder wollten die Gebrüder Koch offenbar in Arisierungsprojekte in der Heimat stecken, und das Reich war daran brennend interessiert.

Da Koch kein Kaufmann war, stand für die RKG von vornherein fest, dass dies nur möglich sei, wenn bei der Übernahme der Firma Rosenhain Fachleute beteiligt sind: Dies waren die Kaufleute Ludwig Reisse, 34 Jahre, Exportleiter und Einkäufer einer Exportfirma in Berlin (Hohenzollerndamm 180) und Dr. Fritz Grawinkel (Kurfürstenstraße 105 bzw. Prager Straße 24), der einer Gesellschaft namens „Lega“ vorstand, die alle Arisierungsverfahren im Lederwaren-Handel koordinieren wollte (Blatt 534); beide waren bereits früh (vor Kochs erster Erwähnung in den Akten der RKG, Blatt 499) bei der RKG vorstellig geworden – so wie viele andere Kaufleute und Interessenten, die zwischen 100.000 und 1.000.000 RM zu investieren bereit und in der Lage waren, darunter auch der Koffer-Hersteller Mädler aus Leipzig. Aber unter all diesen Interessenten waren kaum einer in der Lage, die geforderten 2 bis 3 Millionen aufzubringen, die nach dem Rosenhain-Budget von 1937 die Firma einschließlich ihrer Grundstücke wert war. Nach den vorliegenden Unterlagen hatte sich Paul Fürstenberg als Alleinvertreter der Firma Rosenhain aktiv an diesem Suchprozess beteiligt und letztendlich auch die Verbindung der RKG mit Koch hergestellt (Blatt 499: Schreiben von Fürstenberg and die RKG vom 10. August 1938). Am 5. Oktober 1938 gründete Walter Koch, gemeinsam mit Ludwig Reisse und Dr. Fritz Grawinkel die Firma „Reiwinkel – Das Haus für Geschenke“ (Bild 32), die noch am gleichen Tag die Firma Rosenhain übernahm. Die neue Firma Reiwinkel hatte demgemäß drei Anteilseigner: Koch mit einem Anteil von 1,36 Millionen RM, Reisse mit 100.000 RM und Grawinkel mit 40.000 RM (Blatt 452), aber nur Koch trat als Käufer auf. 

Bild 32: Briefkopf der Firma „Reiwinkel – Haus der Geschenke“ (aus: (29)).

Der Verkauf der Firma Rosenhain an Walter Koch

Am 19. August 1938 schrieb die Familie Fürstenberg gemeinsam mit ihren Anwälten einen Brief an „Herrn Walter Koch, Fulmer/England, z.Zt. in Berlin“ (30) mit Vorschlägen zur Übernahme der Firma Albert Rosenhain GmbH und leitete damit die Übernahme der Firma ein. In diesem Schreiben 1938 schlug die Familie Fürstenberg einen Kaufvertrag der Rosenhain GmbH mit allen Aktiva und Passiva im Gesamtwert von 1.500.000 RM durch Koch oder eine von ihm beauftragte Gesellschaft vor, und erklärte sich bereit, Bargeld zuzuschießen, sollte eine offizielle Wertermittlung zu einem niedrigen Gesamtwert kommen. Der Verkauf des Geschäftes sollte die fünf Grundstücke einschließen. Dafür sollten die Fürstenbergs 150.000 RM erhalten, ein Zehntel des Wertes, der auf ein zu errichtendes Sonderkonto bei der Reichs-Kredit-Gesellschaft AG zugunsten von Paul Fürstenberg oder der Firma Reveillon Amsterdam eingezahlt werden soll. Voraussetzung für diesen Kaufvertrag sollte ferner sein, dass damit alle Steuerverbindlichkeiten der Familie Fürstenberg gegenüber dem Deutschen Reich erledigt sind, dass die gegenüber ausländischen Firmen (die Firmen Rivoli in Alexandrien, London, Jerusalem, Tel Aviv und Kairo) bestehende Ansprüche und Forderungen auf Paul Fürstenberg übertragen und genehmigt werden, sowie dass der Familie die Pässe ausgehändigt werden und gestattet wird, auszureisen mitsamt ihrem persönlichen Hab und Gut im Werte von 65.000 RM.

Auf dieser Basis der Vorschläge der Fürstenbergs kam es am 5. Oktober 1938 zu einem notariellen Kaufvertrag durch den Notar Dr. Erwin Graf in den Geschäftsräumen der RKG, bei dem neben der Familie Fürstenberg (Paul und Sophie Fürstenberg) deren Rechtsanwälte und der besagte Walter Graf anwesend waren. Im einem Rahmenvertrag wurde geregelt, dass die Gesamtwerte der Firma Rosenhain (Firma plus Grundstücke) in der Größenordnung von 4.363.033 RM gegen Zahlung von 2000 britische Pfund (etwa 80.000 RM) an Paul Fürstenberg, 1000 RM als „Reserve“ auf ein Treuhandkonto bei der RKG (s. oben) und 150.000 RM auf das besagte Sonderkonto in das Eigentum des Walter Koch übergehen. Sophie Fürstenberg behielt überdies die Verfügung über 9.000 Schweizer Franken auf einem Konto in Luzern – auf das die Nationalsozialisten keinen Zugriff bekommen hätten, ohne Frau Fürstenberg in die Schweiz reisen zu lassen. Diese und weitere Bedingungen mussten allerdings noch durch den Oberfinanzpräsidenten Berlin nach Maßgabe gesetzlicher Vorgaben des Reichswirtschaftsministeriums genehmigt werden.

Der Vertrag der Familie Fürstenberg mit dem Deutschen Reich

Auf der Basis der Vermögenserklärungen vom Juni 1938 und des Kaufvertrags zwischen der Familie Fürstenberg und Walter Koch vom 5. Oktober 1938 schloss das Deutsche Reich, vertreten durch den Oberfinanzpräsidenten Casdorf, mit der gesamten Familie Fürstenberg am 19. November 1938 eine Vereinbarung, in der geregelt wurde, dass die bei Auswanderung der Familie zu zahlende Reichsfluchtsteuer sowie sämtliche übrigen Steuerschulden „einschließlich der Juden-Kontribution“ aus einer bei der Reichsbank zu deponierenden Summe von 2 Mio. Goldmark der Familie die Emigration erlauben und alle schwebenden Rechtsmittel gegen die Familie beenden sollte (31). Mit „Juden-Kontribution“ war die von der Judenschaft Berlins zu zahlende „Sühneleistung“ (Vermögensabgabe) für die „feindliche Haltung des Judentums gegenüber dem deutschen Volk“ (32) von einer Milliarde Reichsmark – erlassen nach den antisemitischen Ausschreitungen der Nazis in der Programnacht vom 9. auf den 10. November 1938.

Die Übertragung des Gesamtvermögens der Familie auf die Berliner Revisions-Aktiengesellschaft bestätigt diese mit Schreiben vom 9. Dezember 1938 – und dennoch verweigert das Reich den Fürstenbergs die Ausreise, wie Paul Fürstenberg in einem Schreiben vom 24. Dezember 1938 an die RKG beklagte (Blatt 260). Offenbar hatte aber das Polizeipräsidium nach dieser Regelung keine Bedenken mehr, die Reisepässe auszustellen (Blatt 210), und am 19. Januar 1939 vermerkte die RKG, dass die Fürstenbergs ausgereist waren (Blatt 236).

Verkauf des Hauses Fürstenberg am Lützowplatz

Aus der Verhandlungs- und Kaufmasse der Firma Rosenhain and Koch/Reiwinkel herausgenommen war von Anbeginn an das Haus am Lützowplatz 5 (heute: 9), das Sally Fürstenberg in seiner Vermögenserklärung vom Juni 1938 mit einem Wert von 240.000 RM taxiert hatte (27). Dazu gehörte ursprünglich auch das Grundstück Lützowstrasse 60, das im Gartenteil mit dem Grundstück Lützowplatz 5 verbunden war. Es wurde am 10. Dezember 1938 an den Verein Berliner Künstler (VBK) für einen Preis von 370.000 RM verkauft, jedoch wurde der Kaufbetrag in einen von der Berliner Revisions-AG, einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-Gesellschaft, verwalteten Topf bezahlt, aus dem die Fürstenbergs ausweislich der Akten des Restitutionsverfahrens keine Auszahlungen erhielten. So schnell, im Vergleich zur Arisierung der Rosenhain GmbH, dieser Kaufprozess vonstatten ging, im Restitutionsverfahren nach dem Krieg erwies sich der VBK nicht nur als ein wesentlich hartnäckigerer Gegner jeglicher Wiedergutmachung, sondern es wurde auch mit viel härteren Bandagen gekämpft, bis hin zur Verleumdung der Fürstenbergs als Lügner. Der Streit wurde erst beigelegt, als der VBK seinen Anwalt wechselte und es am 6. November 1959 zu einem Gerichtsentscheid kam, in dem der VBK zur Herausgabe des Grundstücks Lützowplatz 9 und zur Zahlung von 77.770 DM nebst 4% Zinsen seit dem 1. Oktober 1959 an die Familie Fürstenberg verurteilt wurde.

In diesen Zusammenhang gehört auch, dass in einer Jubiläumsschrift 1991 zum 150-jährigen Bestehen des VBK die Behauptung aufgestellt wird, Sally Fürstenberg habe das Haus dem Verein quasi zum Kauf angetragen, da er „dem VBK als außerordentliches Mitglied angehörte“ (33). Dies ist nicht mehr nur peinlich, sondern Geschichtsfälschung: Immerhin haben die Listen der ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder des Vereins für die Jahre 1920, 1925, 1931 und 1933 den Krieg überstanden und sind heute im Archiv der Akademie der Künste (34) einsehbar, und in keinem fand sich ein Mitglied der Familie Fürstenberg; und nach der Machtergreifung der Nazis 1933 wurden Juden schleunigst aus dem VBK ausgeschlossen. Das hätte der VBK korrigieren können und müssen, auch wenn der Autor der Musikkritiker Hellmut Kotschenreuther (1928-1998) war. Offenbar sitzt der Stachel noch tiefer als gedacht, der des schlechten Gewissens ebenso wie der der gekränkten Eitelkeit und der Wut über den verlorenen Restitutionsprozess, dass er auch 1991 noch stechen kann.

Bild 33: Visitenkarte (aus: (29) und Foto (Egon Fürstenberg, Amsterdam 11.1941, Fotografie; Jüdisches Museum Berlin, Inv. Nr. 2017/148/1, Schenkung von Tom Fürstenberg).

Tod in Holland

Sally Fürstenberg, der sich Egon S. Fürstenberg nannte (Bild 33), starb am 7. Juni 1942 in Amsterdam im Alter von 82 Jahren (Bild 34), wenige Tage nach dem Überfall Hollands durch die deutsche Armee. 

Bild 34: Sterbeurkunde des Sally Fürstenberg vom 7. Juni 1942 (Quelle: Ancestry).

Literatur

27. Es gibt im Landesarchiv Berlin (LAB) einunddreißig Einzelakten im Restitutionsverfahren, weil die vier Söhne getrennt voneinander Verfahren gegen verschiedene Parteien (Deutsches Reich, Reiwinkel, Koch, VbK) in mehreren Angelegenheiten (Immobilien, Rosenhain, persönlichen Verluste) angestrengt hatten. Die für unsere Auswertung wichtigste Akte hat die Inventar-Nummer B Rep 025-05 Nr. 204/49.

28. Albert Rosenhain Collection im Leo-Baeck-Institut New York, Archiv Nr.  AR 3272: Paul Forbes, Entstehung der ausländischen Niederlassungen der Firma Albert Rosenhain ab 1933 (sechs Seiten plus Fotos) ohne Datum.

29. Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (BAL): R 8136/2807. Die Akte der Reichs-Kredit-Gesellschaft enthält 583 Blätter und umfasst den Zeitraum vom 15. März 1938 bis zum 3. Oktober 1944. Verweise auf einzelne Aktenstücke erfolgen unter Angabe des Blattes, z.B. Blatt 499.

30. LAB: B Rep 025-05 Nr. 204/49 mit Brief an Koch vom 19.8.1938 (Blatt 171 ff).

31. LAB: B Rep 025-05 Nr. 204/49 Vereinbarung Fürstenberg/Koch vom 5. Oktober 1938 (Blatt 195 ff).

32. https://de.wikipedia.org/wiki/Judenvermögensabgabe

33. Hellmuth Kotschenreuther. Neubeginn unter sehr erschwerten Bedingungen. In: Verein Berliner Künstler: Versuch einer Bestandsaufnahme von 1841 bis zur Gegenwart. Berlin, Nikolaische Verlagsbuchhandlung 1991, S. 119-137 (hier: Seite 123).

34. Archiv der Akademie der Künste, Berlin: Inventar-Nummern VereinBK 1055 (1920), 1056 (1925), 1057 (1931-1933),