Fast dreißig TeilnehmerInnen nahmen am Donnerstagabend an der 90 minütigen Zoom-Video-Konferenz „Wo Es war, soll Ich werden.“ (Sigmund Freud) über „Das Abraham Institut in der Körnerstraße“ teil. Den bebilderten Vortrag hielt Ludger M. Hermanns, Psychoanalytiker und Archivar des Berliner Psychoanalytischen Instituts, das unter dem Namen Karl-Abraham-Institut in der Körner Str. 11 in unserem Kiez angesiedelt ist.
Schon zwölf Jahre früher vor Gründung der Poliklinik hatte Abraham 1908 gemeinsam mit Max Eitington, Magnus Hirschfeld und Ernst Simmel die „Berliner Psychoanalytische Vereinigung“ gegründet und damit der Psychoanalyse in Deutschland den Weg gebahnt, die zum großen Teil auf den Schultern jüdischer ÄrztInnen lag.
Als entschiedene Gegner der Freud‘schen Psychoanalyse machten die Nazis 1938 der blühenden Entwicklung ein Ende und schufen die „Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft“, die voll und ganz der nationalsozialistischen Ideologie unterstand – die jüdischen Analytiker mussten emigrieren und wurden zum Teil in den USA sehr erfolgreich. Eine von ihnen war Edith Jacobsohn, die sich dem marxistischen Widerstand „Neu beginnen“ angeschlossen hatte. Sie flog auf und wurde wegen Hochverrats zu Zuchthaus verurteilt. Durch eine Erkrankung mit Klinikaufenthalt konnten ihr Freunde über komplizierte Wege die Flucht in die USA ermöglichen, wo sie als Edith Jacobson sehr erfolgreich weiterarbeitete.
Nach dem Krieg wurde das „Berliner Psychoanalytische Institut“ wieder gegründet und besteht in der Körnerstraße 11 seit 1970 unter dem Namen Karl-Abraham-Institut in unserem Kiez weiter fort.
Das Karl-Abraham-Institut öffnet sich alljährlich für Außenstehende in der „Langen Nacht der Wissenschaften“ und für die Karl-Abraham-Vorlesung. Siehe unter Website https://bpi-psa.de
Die Veranstaltung war Teil der Initiative „Jüdisches Leben und Widerstand in Tiergarten Süd“*, die jeden dritten Donnerstag im Monat einen Themenabend anbietet. Gabriele Hulitschke assistierte dem Vortragsredner und moderierte die Veranstaltung. Dem Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion auch zum Thema „Erinnerungskultur“ an.